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Verbalradikal zur nächsten Wahl
Martin Kröger über die systemkritischen Töne auf dem Linke-Parteitag
Überall in den Berliner Parteien laufen die Vorbereitungen auf das kommende Superwahljahr an - schließlich werden im Herbst 2021 nicht nur Abgeordnetenhaus und Bezirksverordnetenversammlungen in Berlin neu gewählt, sondern wohl zeitgleich findet auch in der Hauptstadt die Bundestagswahl statt. Wie immer, wenn Abstimmungen bevorstehen, beginnen die Parteien ihre Profile zu schärfen. Das gilt selbstverständlich auch für die Linke.
Die gab sich beim Parteitag am Wochenende so systemkritisch und antikapitalistisch wie schon lange nicht mehr. Die Landesvorsitzende Katina Schubert beispielsweise wollte den »Kapitalismus« an die Kette legen und ihn dann überwinden. Der neue Bausenator Sebastian Scheel erklärte, die Linke habe die »Kumpanei« mit der Immobilienwirtschaft beendet. Die Beziehungen zu den Unternehmen, so Scheel, seien keine Partnerschaft, sondern eine »toxische« Beziehung.
Solche Kampfansagen lösen hohe Erwartungen aus. Dagegen stehen die miesen Erfahrungen mit der rot-rot-grünen Regierungsrealität: die Räumung der Kiezkneipe »Syndikat«, der Kniefall des Senats vor dem Signa-Konzern, der am Hermannplatz hoch hinaus will, aber gerade erst Kaufhäuser in der Stadt abgewickelt hat. Regieren sei kein Selbstzweck, Regieren müsse etwas am realen Leben der Menschen verändern, erklärte Scheel auf der Parteiversammlung. Dafür gab es ordentlich Applaus.
Ob Rot-Rot-Grün tatsächlich wirkt, wie das Mitte-links-Bündnis gerne von sich behauptet, wird am Wahlabend deutlich werden. Radikale Töne werden auf jeden Fall nicht ausreichen, um die Menschen zu überzeugen. Wie beim Mietendeckel muss eine andere Praxis sichtbar werden. Solche Momente eines Politikwechsels gab es in den vergangenen vier Jahren unter Rot-Rot-Grün, aber es könnten ruhig noch mehr werden.
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