Bußgeld wegen AfD-Kritik

Linke-Kreisrat soll gegen Versammlungsgesetz verstoßen haben

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.

Dennis Uzon, frisch gewählter Linke-Kreisrat in Mühldorf am Inn, erhielt kürzlich Post vom Landkreis. Darin wird ihm eine vermeintliche »Ordnungswidrigkeit« zur Last gelegt, für die er 50 Euro Verwarnungsgeld an die Kreiskasse entrichten soll. Stein des Anstoßes ist eine »Mahnwache gegen Altersarmut«, zu der eine offenbar AfD-nahe Gruppierung »Fridays gegen Altersarmut« für Juli in Waldkraiburg aufgerufen hatte. Uzon wollte bei der Mahnwache eigene Akzente setzen und daran erinnern, dass AfD-Chef Jörg Meuthen bei genauerem Hinsehen die gesetzliche Rente abschaffen und damit der Altersarmut weiter Vorschub leisten will. Er und seine Mitstreiter hielten Plakate hoch, die auf AfD-Programmatik zum Thema Altersarmut und soziale Gerechtigkeit hinwiesen: Abschaffung der Erbschaftssteuer, keine Vermögenssteuer für Reiche, höheres Rentenalter, weniger Sozialleistungen und Privatisierung auch bei Gesundheit und Sozialversicherungen. »Die Forderungen der AfD treiben die Ausbeutung der Lohnabhängigen weiter voran«, so ein Fazit.

Diese Aussagen passten den Veranstaltern nicht. Ein örtliches AfD-Stadtratsmitglied und andere drängten nach einem verbalen Schlagabtausch Uzon und seine Begleiter aus der Veranstaltung. Dies nahm die Staatsgewalt zum Anlass, um Uzons freie Meinungsäußerung zu einer illegalen Tat zu machen. »Kurz nach Beginn der Veranstaltung formierte sich abgesetzt eine Gegenversammlung, die von Ihnen angeführt wurde«, so das Amt. »Bei dieser Aktion handelt es sich um eine nicht genehmigte Versammlung, welche beim Landratsamt nicht angezeigt war«, schreibt die Behörde unter Verweis auf das Bayerische Versammlungsgesetz. Voraussetzungen für eine Spontanversammlung hätten nicht vorgelegen, zumal die Plakate »in keiner Verbindung zu dem Versammlungsthema standen«, so das Schreiben unter Berufung auf die örtliche Polizeiinspektion. Dass die rechten Demonstranten dem Corona-Abstand nicht einhielten, ist für die Staatsgewalt kein Thema.

Uzon beharrt auf seinem Recht, bei einer Veranstaltung die reaktionäre Sozialpolitik der AfD zu kritisieren. Er hat den Münchner Rechtsanwalt Mathes Breuer Anwalt eingeschaltet und setzt auf Druck der Öffentlichkeit. »Natürlich ist es rechtlich zulässig, in eine angemeldete Veranstaltung zu gehen und dort oppositionelle Meinungen zu vertreten«, so Breuer auf nd-Anfrage. »Auf eine separate Anmeldung zu pochen, wäre widersinnig.« Zudem sei es »absurd«, wenn die Behörde behaupte, das von Uzon getragene Plakat habe »in keiner Verbindung zu dem Versammlungsthema« gestanden. Breuer hat Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt und sieht das Vorgehen der Behörde im Zusammenhang mit einem zunehmenden Trend im Freistaat, mit Bußgeldern die Träger antifaschistischer Gegenproteste einzuschüchtern. »Viele nehmen die Zahlungsaufforderung hin und zahlen das Verwarnungsgeld stillschweigend«, so seine Wahrnehmung.

Dass die AfD auch aus Sicht der Behörde treibende Kraft der Aktion war, ergibt sich offenbar auch daraus, dass in einem vom Landkreis an Uzon übermittelten Anhörungsbogen die Partei als Veranstalterin aufgeführt wurde. Kritische Beobachter vermuten eine Kumpanei zwischen AfD und Kreisverwaltung. »Sowohl die Anzeige als auch das Bußgeld werden wir nicht widerstandslos hinnehmen«, so Claus Debnar, Sprecher vom Linke-Kreisverband Mühldorf/Altötting.

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