Anspruch auf Neukundenbonus trotz Insolvenz

Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gewinnt Klage gegen Stromanbieter BEV

  • Lesedauer: 2 Min.

Das Oberlandesgericht (OLG) München entschied am 21. Juli 2020, dass der Insolvenzverwalter den Bonus nicht mit der Begründung vorenthalten durfte, dass Kunden eine Mindestbelieferungsdauer nicht eingehalten hätten.

Die Musterfeststellungsklage hatte 2019 der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) eingereicht. Auf sich gestellt hätten die meisten Betroffenen die gerichtliche Auseinandersetzung verständlicherweise gescheut. »Mit der Musterfeststellungsklage konnte der vzbv umstrittene Fragen in erster Instanz klären«, so der vzbv-Referent Henning Fischer. Gegen das Urteil ist die Revision beim Bundesgerichtshof möglich.

Die BEV hatte Strom- und Gaskunden mit attraktiven Neukundenboni gelockt. Anfang 2019 stellte der Anbieter einen Insolvenzantrag; der Insolvenzverwalter enthielt den Kunden dann in den daraufhin erstellten Endabrechnungen den Neukundenbonus vor.

Die Betroffenen wurden in vielen Fällen sogar aufgefordert, eine trotz gezahlter Abschläge noch ausstehende Summe für die Strom- oder Gaslieferung zu bezahlen. Die Begründung lautete, der Neukundenbonus werde nur gewährt, wenn die Verbraucher mindestens zwölf Monate beliefert wurden.

»Dem erteilte das Oberlandesgericht heute eine klare Absage«, erklärte der vzbv. Den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der BEV sei nicht zu entnehmen, dass nur derjenige den Bonus erhalten sollte, der über einen bestimmten Zeitraum von der BEV mit Strom oder Gas versorgt wurde. Außerdem stellte das Gericht demnach fest, dass der Neukundenbonus zu einer automatischen Reduzierung der Vergütungsansprüche für die Strom- und Gaslieferung führt: »Die Endabrechnung muss also um den Neukundenbonus gekürzt werden.«

Das Urteil gilt unmittelbar nur für die Verbraucher, die sich in das vom Bundesamt für Justiz geführte Klageregister hatten eintragen lassen, wie der vzbv betonte. Es handelt sich demnach um Tausende ehemalige BEV-Kunden.

Die Musterfeststellungsklage gibt es seit November 2018. Sie soll Verbraucher im Kräftemessen mit Konzernen stärken und bietet jenen ohne Rechtsschutzversicherung Vorteile, da sie kein Prozesskostenrisiko tragen. Individuelle Ansprüche müssen sie nach einem Musterverfahren selbst einklagen, können sich dabei aber auf dessen Urteil berufen. AFP/nd

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