Grenzenlose Polizeigewalt

Martin Ling über den einseitigen UN-Bericht über Venezuela

Der UN-Bericht ist umstritten, der Fakt nicht: In Venezuela gibt es eine ausufernde Gewalt von Sicherheitskräften. Allein im Jahr 2018 waren in Venezuela nach offiziellen Angaben bei Polizeieinsätzen mehr als 5200 Menschen getötet worden, die »Widerstand gegen die Staatsgewalt« geleistet hätten. Darauf hatte 2019 schon der Untersuchungsbericht der UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet hingewiesen, der neue Bericht einer UN-Ermittlungskommission des Menschenrechtsrats wiederholt es nur.

Umstritten ist die These, die die drei UN-Ermittler aus der Ferne vertreten: Präsident Nicolás Maduro, sein Innen- und sein Verteidigungsminister seien daran beteiligt, gäben die Befehle, koordinierten die Aktionen. Dafür gibt es keinen Beleg. Das wird behauptet und ist Wasser auf die Mühlen einer rechten Opposition, die schon nach den verlorenen Präsidentschaftswahlen 2013 zu gewaltsamen Protesten mit vielen Toten mobilisiert hatte und seit 2014 offen zum Sturz von Maduro mit allen Mitteln aufruft.

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Maduro hat in dem erbitterten Machtkampf 2016 die Polizei-Sondereinheit FAES gegründet und von der Leine gelassen. Sie hat offenbar die Lizenz zum Töten wie die zu Filmehren gekommene »Tropa de Elite« in Brasilien. Und hier wie da sind die meisten Opfer der illegalen Tötungen Bewohner aus Armenvierteln und nicht organisierte politische Opposition. Polizeigewalt ist in Lateinamerika endemisch, über ein Dutzend in Bogotá von einer Polizei-Sondereinheit vergangene Woche ermordete Demonstranten sprechen Bände.

Nichtsdestotrotz: Ob in Venezuela oder anderswo. Die Politiker tragen dafür die Verantwortung. Gewalt einseitig à la UN-Bericht zu instrumentalisieren und über Venezuelas Opposition um Juan Guaidó und Co. zu schweigen, ist jedoch nicht hilfreich. Im Gegenteil.

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