• Kultur
  • Rechtsextremismus in der Polizei

Wer ist Antifa?

NETZWOCHE: Die Deutsche Polizeigewerkschaft Thüringen will sich gegen »die« Antifa verteidigen

  • Vanessa Fischer
  • Lesedauer: 3 Min.

Er mag befremdlich klingen, der Satz: »Ich bin Polizist. Ich bin Antifaschist«. Kurz nachdem am Mittwoch – mal wieder – rechte Netzwerke bei der Polizei aufgedeckt worden waren. 29 Beamte sollen in Nordrhein-Westfalen an neonazistischen Chatgruppen beteiligt gewesen sein. Mal wieder: Hitlerbilder geteilt und sich gegenseitig Fotos geschickt haben, mit Hakenkreuzen und volksverhetzenden Inhalten, die sich gegen Geflüchtete richten. Und während sich Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) angesichts der »übelsten und widerwärtigsten Hetze« noch erschüttert zeigt und BKA-Präsident Holger Münch fordert, dass die gesamte Polizei »bis in die letzte Dienststelle« alles tun müsse, »um wieder Vertrauen zu gewinnen«, gibt die Deutsche Polizeigewerkschaft Thüringen (DPolG) am Mittwochabend auf dem Kurzbotschaftendienst Twitter Folgendes bekannt: »Antifa bezeichnet DPolG als rechtsextreme Gruppe in der Polizei. Jetzt ist eine rote Linie überschritten und die DPolG weiß sich zu verteidigen.«

Weiß sich zu verteidigen? Gegen wen? Und vor allem wie? »Wenn eine bewaffnete Gruppierung damit droht, dass eine rote Linie überschritten ist und sie sich daher wehren, was muss ich darunter verstehen?«, fragt UnionWatch wenig später auf Twitter. Der Tweet lese sich wie eine »Bedrohung an Menschen, die sich antifaschistisch engagieren«, bemerkt auch Nutzer Nicholas Potter – und fragt: »Wenn die DPolG keine rechtsextreme Gruppe ist, wäre es nicht angemessener, sich von Rechtsextremismus klar zu distanzieren?«

Auf nd-Nachfrage bestätigt der stellvertretende Landesvorsitzende der DPolG Thüringen, Dirk Weidenbach, zwar, dass es bei der angekündigten Verteidigung selbstredend nur um ein Ausschöpfen »rechtlicher Möglichkeiten« gehe – zum Antifaschismus will sich der Polizist dennoch nicht bekennen: »Wir sind neutral und dulden weder rechte noch linke Gewalt«, sagt er stattdessen.

Ob sich die Thüringer wohl auch gegen ihren Kollegen Oliver von Dobrowolski verteidigen wollen? Der Bundesvorsitzende der Berufsvereinigung PolizeiGrün sieht das Ganze nämlich anders. Am Mittwoch postete er ein Foto von sich im schwarzen T-Shirt – im typischen Antifa-Design steht darauf zwischen zwei roten Balken »GRNDGSTZ« (in Anlehnung an das ebenfalls ohne Vokale geschriebene »FCKNZS«). »Rechtsextreme haben in unserer Gesellschaft nichts verloren! Tragen sie auch noch Uniform, gilt für uns Kolleg*innen: laut werden. Ihr gehört nicht zu uns! Ich bin Polizist. Ich bin Antifaschist. Ich bin grundgesetzverliebt«, erklärte von Dobrowolski dazu auf Twitter.

Für viele Linke mag das abwegig klingen; sie sähen die Polizei als inhärent problematische Institution lieber vollständig abgeschafft. Dennoch: Polizist*innen schwören bei ihrer Vereidigung, »das Grundgesetz und alle in der Bundesrepublik geltenden Gesetze zu wahren«. Dass heute fast ausschließlich Linke den Antifaschismus praktizieren, ist falsch. Denn eigentlich ist er eine demokratische Grundposition: Überzeugte Demokrat*innen müssen auch überzeugte Gegner*innen des Faschismus sein. Das gilt für alle Menschen in der BRD mit ihrer NS-Vergangenheit, also auch für die Polizei.

- Anzeige -

Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen

Mit »Freiwillig zahlen« machen Sie mit. Sie tragen dazu bei, dass diese Zeitung eine Zukunft hat. Damit nd.bleibt.

- Anzeige -
- Anzeige -