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Rechtzeitig vorsorgen solange man fit ist

Diagnose Demenz (Teil 2 und Schluss)

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.

Für Erkrankte gibt es Hoffnung. Einige Formen der Demenz oder fälschlicherweise als solche diagnostizierte Krankheiten sind heilbar. Angehörige und Betreuer sollten folgenschwere Entscheidungen wie eine Haushaltsauflösung auch daher sehr umsichtig treffen.

In den meisten Fällen ist die Diagnose Demenz endgültig: Mit einem Anteil von 60 bis 65 Prozent ist die Alzheimer-Krankheit die am häufigsten auftretende Demenzform. Schon dieses »von-bis« zeigt allerdings, dass die Medizinwissenschaft bei dem Thema noch recht vage und unsicher agiert.

Daher heißt es auch »etwa« zehn Prozent der diagnostizierten Demenzerkrankungen gelten als »reversibel«.

Das heißt, dass die Symptome durch eine entsprechende Behandlung deutlich gebessert werden können. Zu ihnen gehört der sogenannte Altershirndruck. In einem solchen Fall drücken Ansammlungen von Nervenwasser auf die Hirnmasse und lösen so Symptome aus, die einer Alzheimer-Erkrankung ähneln.

Diese spezielle Form der Demenz wird häufig nicht richtig erkannt, berichten Medizinwissenschaftler, da zur Diagnose eine Kernspintomografie notwendig ist. An dieser Stelle in unserem Gesundheitssystem wird bei alten Menschen offenbar gerne gespart. Zudem basieren etwa 20 bis 25 Prozent der von Hausärzten als Demenz diagnostizierten Erkrankungen auf unerkannten Depressionen. Diese lassen sich im Rahmen einer verhaltenstherapeutischen Psychotherapie mehr oder weniger erfolgreich behandeln.

Lassen Sie sich registrieren

Früh entdeckt, bleibt »echten« Demenz-Kranken noch Zeit, sich mit der Krankheit und ihren Folgen auseinanderzusetzen. Dazu gehört dann das Ausstellen einer Bankvollmacht und einer sogenannten Vorsorgevollmacht (siehe nd-Ratgeber vom 16. September 2020). Im »Zentralen Vorsorgeregister« der Bundesnotarkammer in Berlin kann man seine Vorsorgeurkunde registrieren lassen. Damit gehen Sie sicher, dass das Dokument im Bedarfsfall gefunden und angewendet wird.

Eine Registrierung erfolgt online über die Website des Vorsorgeregisters (www.zvr-online.de). Sie können den Antrag aber auch schriftlich stellen (gebührenfreie Service-Hotline 0800 35 50 500). Beides ist kostenpflichtig, um die 15 Euro. Vom Bundesjustizministerium gibt es dazu ein Datenblatt, das Sie ausfüllen und per Post oder E-Mail an das Register schicken können (www.bmjv.de, Stichwort »Formular P - BMJV«).

Wurde eine Demenzerkrankung vom Arzt diagnostiziert, sollten Sie mit den Vollmachten nicht allzu lange warten. Ist die Krankheit fortgeschritten und der Vollmachtgeber nicht mehr geschäftsfähig, ist es dafür nämlich zu spät.

Als geschäftsunfähig gilt, wer die Bedeutung und Tragweite von Geschäften und Verträgen dauerhaft nicht mehr einschätzen kann. Vorsicht: Attestiert dies erst einmal ein Facharzt, können Betroffene keine rechtswirksamen Verträge mehr abschließen!

Wachsender Vorsorge-Betrug

Die demografische Entwicklung in der Bundesrepublik hat auch dazu geführt, dass immer mehr Menschen kaum Kinder haben und im Alter alleine leben. Für Trickbetrüger sind sie eine beliebte Zielgruppe. Erschleichen sich Betrüger Vollmachten, ist schnell das gesamte Vermögen in Gefahr. Vollmachtgeber sollten daher sehr gut überlegen, wem sie vertrauen.

Während hinter windigen Haustürgeschäften, der Abzocke durch falsche Polizisten oder dem sogenannten Enkeltrick oft organisierte Banden stecken, geht die Gefahr eines Vorsorge-Betrugs typischerweise von Personen aus dem näheren Umfeld des Opfers aus.

Das Vorgehen ähnelt sich meistens: Nachbarn, neue »Freunde«, Haushaltshilfen oder Pflegepersonal erschleichen sich das persönliche Vertrauen älterer Menschen. Gleichzeitig säen sie Misstrauen gegenüber oft weniger vertrauten Menschen im Umfeld der Seniorin. Meist sind Frauen, aufgrund ihrer längeren Lebenserwartung, das Opfer. Ziel der Betrüger: Ersparnisse, Wertgegenstände und manchmal sogar das gesamte Vermögen des alten Menschen. Zu diesem Zweck isolieren sie ihr Opfer und bringen es dazu, beispielsweise eine Bankvollmacht auszustellen.

Noch weitreichendere Befugnisse vergeben Sie mit einer General- oder einer Vorsorgevollmacht. Letztere umfasst sogar Entscheidungen über das Aufenthaltsbestimmungsrecht.

Wurde die Vollmacht notariell beglaubigt, darf der Vollmachtnehmer zum Beispiel auch die Wohnung des Kranken auflösen und sogar seine Immobilien verkaufen.

Solche Fälle gibt es wirklich nicht allein im TV-Krimi. Sie sollten daher nur Personen bevollmächtigen, denen Sie uneingeschränkt und schon lange vertrauen. Beim Verdacht auf Missbrauch sollten Betroffene ihre Vollmacht widerrufen und sich unverzüglich an die Polizei wenden.

Tipp: Die Polizei von Bund und Ländern hat zum Vollmachtbetrug extra eine sehr anschauliche Internetseite erstellt (www.polizei-beratung.de/themen-und-tipps/betrug/vollmachtsmissbrauch/).

Keine Vollmacht ist allerdings auch keine Lösung. Hat der Erkrankte niemanden über eine Vorsorgevollmacht bestimmt, der Geldgeschäfte und andere wichtige Angelegenheiten regelt, muss vom Gericht ein gesetzlicher Betreuer eingesetzt werden. »Geschäftsunfähige Personen« dürfen immerhin eine Betreuungsverfügung aufsetzen und diese auch ändern. Darin können Erkrankte ihre Wünsche bezüglich der Betreuung und Pflege äußern.

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