Schulen und Kliniken sind Risikogebiete

Wegen strengerer Corona-Regeln in Berlin wird die Verlagerung privater Feiern nach Brandenburg befürchtet

  • Claudia Krieg
  • Lesedauer: 4 Min.

»Wir müssen sicherstellen, dass wir hinterherkommen«, sagte Christian Berg, Sprecher des Bezirksamts Neukölln am Montag zu »nd«. Die Leistungsgrenze bei den Kontaktnachverfolgungen Corona-Infizierter sei erreicht, mehr als 500 Personen täglich könnten nicht ausfindig gemacht und informiert werden. Um das Gesundheitsamt zu entlasten, wollte der Corona-Krisenstab des Bezirks noch am Montag eine ab Dienstag gültige Allgemeinverfügung verabschieden, die es erlaubt, bei Infektionsfällen ganze Schulen in Quarantäne zu schicken, so Berg. Die Mittelstufe und die Oberstufe des Campus Rütli betraf das zu dem Zeitpunkt bereits. »Prävention durch Quarantäne ist unumgänglich«, erklärte dazu Neuköllns Schulstadträtin Karin Korte (SPD). Auch am Ernst-Abbe-Gymnasium wurden alle Schüler*innen ins angeleitete Lernen zu Hause geschickt. Hier befinden sich nach sechs bestätigten Infektionen insgesamt 143 Schüler*innen sowie 12 Lehrkräfte in häuslicher Quarantäne.

Der Druck auf die zuständigen Stellen angesichts steigender Infektionszahlen erhöht sich nicht nur innerhalb der Hauptstadt. Auch von außen geraten Berliner*innen zunehmend in Bedrängnis, weil in mittlerweile vier Bezirken die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner*innen bei über 50 liegt. Aus diesem Grund hatte das Bundesland Schleswig-Holstein am Sonntag Tempelhof-Schöneberg zum Risikogebiet erklärt, Friedrichshain-Kreuzberg, Mitte und Neukölln galten schon vorher als solches. Für Urlauber*innen aus Berlin hat das zur Folge, dass sie sich dort sofort 14 Tage in Quarantäne begeben oder zwei negative Coronatests innerhalb von fünf Tagen vorweisen müssen.

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Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) bedauerte dieses Vorgehen und die Folgen für die betroffenen Berliner*innen. »Es nützt nichts, mit dem Finger aufeinander zu zeigen. Wir müssen ins Handeln kommen, die Zeit eilt«, sagte Kalayci dazu am Montag. Das Land Berlin weise keine Risikogebiete innerhalb der Stadt oder Deutschlands aus, hieß es aus der Gesundheitsverwaltung. Die Verdichtung innerhalb der Hauptstadt sei so hoch, dass das keinen Sinn mache. In der vergangenen Woche sei die Berliner Infektionsschutzverordnung entsprechend geändert worden. So sind seit Samstag private Feiern im Freien mit mehr als 50 Teilnehmer*innen verboten, in geschlossenen Räumen gilt eine Obergrenze von 25 Personen. Neu ist auch eine Maskenpflicht in Bürogebäuden.

Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) befürchtet, dass Hauptstädter*innen nach den Verschärfungen der Corona-Maßnahmen in der Hauptstadt und einer neuen Obergrenze für private Feiern nach Brandenburg ausweichen könnten. »Das sollten wir auf jeden Fall verhindern, deshalb hat letzte Woche der Ministerpräsident angekündigt, dass wir diese strengeren Regeln für private Feiern auch für eine Inzidenz von 35 pro 100 000 einführen werden«, sagte Nonnemacher am Montagmorgen im Inforadio des RBB. Bei den »sehr engen Verflechtungen zwischen Berlin und Brandenburg und den Pendlerbeziehungen« müsse man aufpassen, sagte die Gesundheitspolitikerin. Sie hoffe »sehr inständig, dass die Kolleginnen und Kollegen in Berlin das in den Griff bekommen«.

Brandenburg verzeichnet derzeit selbst mindestens zwei Hotspots. Nach einem Corona-Ausbruch hat das Carl-Thiem-Klinikum in Cottbus Vorsichtsmaßnahmen ergriffen. Neun Beschäftigte seien positiv auf das Virus getestet worden, vier Corona-Patienten würden derzeit behandelt, teilte das Klinikum am Montag mit. Bis zum 9. Oktober würden keine Patient*innen mehr aufgenommen und keine geplanten Operationen durchgeführt - mit Ausnahme von Notfällen und Tumorpatient*innen. Die Ambulanzen und Tageskliniken würden geschlossen, das Medizinische Versorgungszentrum und die Abstrichstelle blieben geöffnet. Bis auf Weiteres seien keine Besuche möglich.

Auch das Helios-Klinikum in Bad Saarow (Oder-Spree) nimmt nach einem Ausbruch in der vergangenen Woche aktuell keine neuen Patienten mehr auf - das Gesundheitsministerium hatte der Klinik am Samstag einen Aufnahmestopp erteilt. Patienten würden auch nicht in andere Kliniken verlegt. Für das Haus gilt zudem ein Besuchsverbot. Die Rettungsstelle wird nicht mehr angefahren. Nach Klinikangaben sind bislang 25 positive Fälle bekannt - 13 Mitarbeiter*innen und zwölf Patient*innen. Zudem würden alle Patienten und alle Beschäftigten auf das Coronavirus getestet.

In Brandenburg bleibt die Zahl der Neuansteckungen mit aktuell um die 40 pro Woche auf einem höheren Niveau als in der Zeit zuvor. Aktuell werden 24 Personen wegen Covid-19 stationär behandelt, eine Person wird intensivmedizinisch beatmet. Die Zahl der aktiv Erkrankten liegt bei 357. Es hat seit Juli keine Todesfälle mehr gegeben.

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