- Kommentare
- Rojava
Vom Staatenbund allein gelassen
Sebastian Bähr über die Generalamnestie in Rojava
Nach der ersten Herkulesaufgabe - der militärischen Bezwingung des »Islamischen Staates« - stand das nordsyrische Rojava vor der zweiten: inmitten von Bürgerkrieg, Embargo und türkischen Invasionen einen Umgang mit Tausenden IS-Gefangenen samt ihren fanatischen Angehörigen zu finden. Trotz zahlreicher Hilferufe und Appelle ließ die internationale Staatengemeinschaft die autonome Selbstverwaltung jedoch weitestgehend alleine. Kaum ein Staat wollte »seine« ausgereisten IS-Kämpfer zurückholen oder den Institutionen vor Ort bei der Häftlingsversorgung und komplizierten Rechtssprechung helfen. Die Folge waren Gewalt und menschenunwürdige Lebensbedingungen in den Lagern, eine fortschreitende Radikalisierung der Kinder der IS-Familien sowie die Überforderung der Behörden. Um den Druck zu verringern, haben diese nun eine umfangreiche Amnestie erlassen.
Die Probleme hören damit jedoch nicht auf. Deradikalisierungs- und Bildungsprogramme müssen finanziert, Gerichte bei der rechtsstaatlichen Verurteilung der verbliebenen Häftlinge unterstützt, für Ausländer weiterhin Lösungen gefunden werden. Dass hier gerade die Bundesregierung vor der eigenen Verantwortung die Augen verschließt, ist beschämend - und trägt nicht zu einer friedlichen Entwicklung in der Region bei.
Wir haben einen Preis. Aber keinen Gewinn.
Die »nd.Genossenschaft« gehört den Menschen, die sie ermöglichen: unseren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die mit ihrem Beitrag linken Journalismus für alle sichern: ohne Gewinnmaximierung, Medienkonzern oder Tech-Milliardär.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen sichtbar machen, die sonst untergehen
→ Stimmen Gehör verschaffen, die oft überhört werden
→ Desinformation Fakten entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und vertiefen
Jetzt »Freiwillig zahlen« und die Finanzierung unserer solidarischen Zeitung unterstützen. Damit nd.bleibt.