Werbung

Treu ergeben

  • Edmond Jäger
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Politiker und Analyst des Orbán-Regimes, Bálint Magyar, betrachtet Ungarn als Mafia-Staat: Wie bei der Mafia zählten nicht Gesetze, sondern persönliche Beziehungen. Aufsteigen könne man in diesem System, wenn man loyal ist. Ein wahrer Ausbund an Loyalität ist der neue Präsident des Obersten Gerichtshofes, der sogenannten Kurie: Zsolt András Varga.

Varga verfolgte seine Karriere im Schatten eines gewissen Péter Polt, der zunächst von 1995 bis 2000 das Amt des parlamentarischen Ombudsmanns bekleidete, bevor er von 2000 bis 2006 und seit 2010 das Amt des obersten Staatsanwalts bekleidet. Varga war dabei stets Polts Stellvertreter. 2013 trat Varga schließlich aus Polts Schatten und wurde dank dessen Fürsprache Richter am Verfassungsgericht. Anfang des nächsten Jahres tauscht der 52-Jährige nun sein Amt am Verfassungsgericht gegen das des Vorsitzenden Richters an der sogenannten Kurie.

Dabei handelt es sich um einen Appellationsgerichtshof und zugleich höchstes Verwaltungsgericht, das unter Umständen sogar mächtiger sein kann als das Verfassungsgericht. Zu seinen Aufgaben gehört nämlich die Entscheidung über Revisionen von Gerichtsurteilen, das Fällen von Grundsatzurteilen und die Prüfung der Rechtspraxis von Bürgermeistern. Damit überwacht das Gericht die gesamte Justiz des Landes und die lokale Politik und Verwaltung. Letztere zeigt sich nach Siegen von Oppositionskandidaten bei den Kommunalwahlen 2020 widerspenstiger gegenüber der Regierung. Varga könnte bei der Bekämpfung von oppositionellen Kommunen, aber auch von unabhängigen Richtern daher eine Schlüsselstellung zukommen.

Die Opposition und der nationale Richterrat lehnen Varga ab. Kritisiert wird vor allem, dass er keine fünfjährige Berufspraxis besitzt. Dies war bis 2019 die vorgeschriebene Einstellungsvoraussetzung. Doch im Orbán-Regime steht die Loyalität nun einmal über allem - und diese bringt Varga mit.

- Anzeige -

Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen

Mit »Freiwillig zahlen« machen Sie mit. Sie tragen dazu bei, dass diese Zeitung eine Zukunft hat. Damit nd.bleibt.