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Hungerlöhne wird es weiter geben
Simon Poelchau über Vorschläge aus Brüssel zu EU-Mindestlohnregeln
Es war eine Kernforderung, mit der SPD und Linke vergangenes Jahr in die Europawahl gingen: Ein EU-weites System für armutsfeste Mindestlöhne. Das, was die EU-Kommission dazu am Mittwoch vorlegte, ist jedoch weit von den Forderungen der beiden Parteien entfernt.
Zwar gibt Brüssel als Ziel an, dass die Mindestlöhne in der Gemeinschaft zum Beispiel 60 Prozent des mittleren Einkommens in einem Land betragen sollten - vor allem letzteres Maß gilt gemeinhin als Schwelle für armutsfeste Löhne. Doch soll dies eben nur ein unverbindliches Ziel und keine feste, einzuhaltende Größe an. Hungerlöhne wird es in der EU also weiterhin geben. Zumal gar nicht sicher ist, ob der Vorschlag aus Brüssel überhaupt durchkommt. Schließlich muss der EU-Rat seinen Segen dazugeben. Und Beispiele wie die Finanztransaktionssteuer zeigen, dass progressive Vorschläge schnell von den Regierungen der EU-Mitglieder zerredet werden.
Dabei könnten auch die Beschäftigten hierzulande von verbindlichen Regeln für armutsfeste Mindestlöhne profitieren. Denn selbst mit der vom Kabinett beschlossenen Erhöhung auf 10,45 Euro bleibt der Mindestlohn unterhalb der Armutsgrenze. Ansonsten müsste er auf weit über 12 Euro steigen.
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