Finanzamt verlangt letzte Steuererklärung

Hinterbliebene erben auch die steuerlichen Rechte und Pflichten

  • Dr. Rolf Sukowski
  • Lesedauer: 5 Min.

Die Angehörigen erben auch die steuerlichen Rechte und Pflichten. Diese Angelegenheiten sollte man nicht allzu lange liegen lassen. Denn auch hierbei gelten Fristen. War der Verstorbene Rentner, kann es für die Hinterbliebenen zusätzlich problematisch werden, wenn das Finanzamt Steuererklärungen für mehrere zurückliegende Jahre anfordert. Rentner müssen oftmals Steuern nachzahlen. Denn die Rentenversicherung nimmt - im Gegensatz zu Arbeitgebern - keinen Lohnsteuerabzug vor.

In zahlreichen Fällen können die Angehörigen immerhin mit einer Steuererstattung rechnen. Wichtig für Hinterbliebene ist: Alle steuerlichen Rechte und Pflichten des Verstorbenen gehen auf die Erben über.

Frist bis 2. August 2021 oder vier Jahre nach dem Todesfall

In jedem Fall kann das Finanzamt von den Erben eine letzte Steuererklärung verlangen, wenn der Verstorbene abgabepflichtig war, er also Einnahmen hatte, von denen noch kein Steuerabzug vorgenommen wurde.

Bestand keine Pflichtveranlagung, kann sich unter Umständen die Abgabe der Steuererklärung dennoch lohnen. Voraussetzung ist allerdings, dass tatsächlich auch Steuern gezahlt worden sind.

Für die Steuererklärung gilt eine Abgabefrist. Ist der Todesfall in 2020 eingetreten, dann muss die Steuererklärung bis spätestens 2. August 2021 abgegeben werden. War der Verstorbene nicht pflichtveranlagt, können die Hinterbliebenen die Steuererklärung auch noch bis zu vier Jahre nach dem Todesfall einreichen.

Steuerangelegenheiten der Vorjahre

Angehörige sollten prüfen, ob auch alle Steuerangelegenheiten der Vorjahre erledigt sind. Denn das Finanzamt kann bis zu sieben Jahre rückwirkend fehlende Steuererklärungen nachfordern.

Dies kommt zum Beispiel vielfach auch dann vor, wenn der letzte Elternteil in Rente war und nun verstorben ist. Die Kinder oder etwa die Enkel sind dann häufig damit konfrontiert, auch für mehrere zurückliegende Jahre die Steuererklärung machen zu müssen.

In diesen Fällen kommt es meist nicht zu einer Steuererstattung. Vielmehr müssen oftmals auch noch erhebliche Steuern nachgezahlt werden. Das ist in der Praxis der Beratungsstellen immer wieder zu erleben. Insoweit kann es durchaus sinnvoll sein zu prüfen, ob das Erbe überhaupt angetreten werden soll.

Eine Steuerklärung abgeben lohnt sich oft

Es lohnt sich oft, eine Steuererklärung anzufertigen, wenn man dazu gar nicht verpflichtet ist. Denn in vielen Fällen erhalten die Erben eine Steuererstattung. War der Verstorbene zum Beispiel bis zuletzt berufstätig, dann ist die bereits einbehaltene Lohnsteuer in der Regel zu hoch angesetzt.

Hatte der Verstorbene zwar Steuern gezahlt, war aber nicht zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet, dann sollte man unbedingt prüfen, ob nicht doch Ausgaben vorliegen, die die Steuerlast verringern. Zum Beispiel Freibeträge etwa für eine Behinderung, Ausgaben für Handwerker oder Dienstleistungen, Spendenzahlungen oder auch Zuzahlungen für eine Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung mindern die Steuerlast und können zu einer Erstattung führen.

Unter bestimmten Voraussetzungen können die Hinterbliebenen in ihrer Steuererklärung auch Bestattungskosten als außergewöhnliche Belastung geltend machen. Dies ist dann möglich, wenn die Kosten die Erbschaft oder eine Versicherungsleistung übersteigen.

Steuerklassen und Witwensplitting

Ist der Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner verstorben, dann tritt im Jahr nach dem Tode das im Volksmund sogenannte »Witwensplitting« ein. Voraussetzung dafür ist, dass die Partner zusammenveranlagt waren. Das vermindert die Steuerlast deutlich, weil weiterhin unter anderem der doppelte Grundfreibetrag gewährt wird.

Allerdings werden die Pauschbeträge für Werbungskosten, Sonderausgaben, Sparerpauschbetrag nicht verdoppelt. Gegebenenfalls kann auch für das Folgejahr der Splittingtarif noch einmal angewendet werden.

Wichtig für hinterbliebene Ehepartner ist auch die Steuerklasse. Waren die Partner zusammenveranlagt, wird der Hinterbliebene vom Finanzamt im Jahr, das auf den Tod folgt, automatisch in die Steuerklasse 3 eingestuft. Danach stuft das Finanzamt den Hinterbliebenen automatisch in die Steuerklasse 1 ein.

Wenn im Haushalt noch ein minderjähriges Kind lebt, muss der hinterbliebene Partner aktiv werden und die Steuerklasse 2 beantragen. Der Wechsel in die Steuerklasse 2 muss bis spätestens 30. November des Jahres gestellt werden, das auf den Tod folgt. In der Steuerklasse 2 können Betroffene den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende geltend machen.

Was noch alles zu beachten ist

Nicht immer liegen alle geforderten Unterlagen vor. Das Finanzamt ist Erben gegenüber auskunftspflichtig. Das gilt auch für alle Behörden, auch für den ehemaligen Arbeitgeber und für Banken. Im Zweifel ist zu prüfen, ob ein Erbschein beantragt werden soll. Hier fallen allerdings Gebühren an, die sich an der Höhe des Erbes orientieren. Den Erbschein kann man beim Nachlassgericht, meist ist es das Amtsgericht, beantragen.

Zuständig für die letzte Steuererklärung ist das sogenannte »Wohnsitz-Finanzamt« des Verstorbenen. Formulare, Anträge oder Anfragen müssen also an das Finanzamt in der Stadt oder in dem Bezirk gerichtet werden, wo der Verstorbene zuletzt gemeldet war.

Hinterlässt der Verstorbene mehrere Erben, dann gehen die steuerlichen Pflichten und Rechte an die Erbengemeinschaft über. Die Erben müssen einen Bevollmächtigten festlegen und die Verteilung der Steuerschuld oder Steuererstattung festlegen.

Hinterbliebenen ist zu empfehlen, sich an einen Lohnsteuerhilfeverein und in Erbschaftsteuerangelegenheiten an einen Steuerberater zu wenden.

Der Autor ist Leiter der Beratungsstelle Berlin der Lohnsteuerhilfe für Arbeitnehmer e.V., Lohnsteuerhilfeverein.

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