Covid-19 als rein logistische Frage

Ulrike Henning über grenzenlosen Optimismus der Impforganisierer

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 2 Min.

Endlich! Der Impfstoff gegen Covid-19 scheint nah. Die Erleichterung vor allem bei der Politik ist so groß, dass alle sachlichen Einwände von Virologen, anderen Medizinern und Spezialisten des Zulassungsgeschehens erst einmal in die zweite Reihe geschoben werden. Sogar der Arzneimittelgroßhandel zeigt sich skeptisch, die kommende Herausforderung aus dem Stand meistern zu können. Da galten bisher für Impfstoffe nur einstellige Minusgrade für die Lagerung. Tiefgekühlte Produkte - das ist eher die Domäne von Fischlieferanten und Zulieferern in der Tierzucht, wenn es um Tiersperma geht, das im Transport teils mit Flüssigstickstoff gefrostet gehalten wird. Aber uninteressant, jetzt schlägt erst einmal die Stunde der allgemeinen Logistik.

Wie viele Impfzentren wohin kommen, wer was transportiert und wer sich zuerst anstellen darf - das sind die aktuellen Fragen. Darüber herrscht die reine Freude von der Kommunalpolitik bis hinauf zur Bundesebene. Gebäude errichten oder in Beschlag nehmen, da kennt man sich aus. Technische Probleme lösen, Kühlketten einhalten, quasi industrielle Operationen durchführen - da lacht doch jedes Herz in der Exekutive. Militärische Metaphern passen super, merkt man in den Pressestellen. Auch die Ausführenden stehen bereit, beginnend bei der Bundeswehr, über die geschäftlich arg gebeutelte Luftfahrt bis hin zur Deutschen Post und ihren Rivalen FedEx und UPS.

Na gut, wer in den Impfzentren dann den Piekser verabreichen wird, ist weniger klar. Aber bis zur tatsächlichen Zulassung ist ja auch noch etwas Zeit. Und vielleicht fragt ja so lange erst mal niemand mehr nach den Pflegekräften, die in Kliniken und gerade in der Intensivmedizin fehlen. Und nach der Massenimpfung wird das ja auch kein Thema mehr sein.

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