Ach, die lieben lautstarken Nachbarn

Lärm und immer wieder Lärm

  • Lesedauer: 5 Min.

Wer hätte es nicht schon erlebt: Lärm aus der Nachbarwohnung, aus anderen Bereichen eines Wohnhauses oder auch aus der Umgebung kann zermürbend sein. Vor allem dann, wenn er sich über längere Zeit hinzieht und ein Ende nicht in Sicht ist.

Im Gegenzug gibt es auch überempfindliche Zeitgenossen, denen bereits jedes Alltagsgeräusch zu viel ist und die gerne immer komplette Ruhe hätten. Der Infodienstes Recht und Steuern der LBS befasst sich mit entsprechenden Urteilen deutscher Gerichte.

Klickklack von oben

Ein Wohnungseigentümer hatte in seinen eigenen vier Wänden renoviert und den Teppichboden durch Fliesen ersetzt. Eine wenig überraschende Konsequenz: Die unter ihm Wohnenden wurden von da an durch vermehrten Trittschall gestört. Sie forderten Maßnahmen dagegen. Der Lärmverursacher entgegnete, dass es schließlich im ganzen Hause um den Schallschutz nicht besonders gut stehe. Das Gebäude erfülle nicht die aktuellen gesetzlichen Mindestanforderungen.

Doch der Bundesgerichtshof (Az. V ZR 173/19) erkannte das Argument des Lärmverursachers nicht an. Der habe durch die Wahl eines neuen Bodenbelags für einen Nachteil gegenüber den Nachbarn gesorgt und müsse diesen wieder ausgleichen. Mit der Gesamtsituation des Wohnhauses habe das eben nichts zu tun.

Zu starke Lüftungsanlage

Shisha-Lounges gibt es inzwischen in vielen deutschen Städten. Oft verfügen sie über eine starke Lüftungsanlage, um den Rauch der Wasserpfeifen abzusaugen. Wenn allerdings der Lärm, der von solch einer Lüftung ausgeht, die zulässigen Grenzwerte überschreitet, kann das zum Problem werden.

Das Landgericht Berlin (Az. 63 S 223/15) sprach Mietern, die im Schlafzimmer von dem Lärm belästigt wurden, eine Mietminderung um 10 Prozent zu.

Das Glockenspiel

Nicht jede Geräuschentwicklung führt allerdings zu Beseitigungs- oder Minderungsansprüchen. So befand sich über Jahrzehnte in der Innenstadt von Solingen an einer Hausfassade ein Glockenspiel, das wochentags von 9 bis 19 Uhr eine Melodie spielte. Ein neu zugezogener Nachbar empfand die Geräusche als störend und klagte auf Unterlassung.

Das Amtsgericht Solingen (Az. 13 C 278/13) stellte daraufhin fest, dass es sich hierbei nur um eine geringfügige Überschreitung der zulässigen Lärmgrenzen handle und das Glockenspiel aus öffentlichem Interesse bleiben dürfe.

Der Schlag der Pendeluhr

Wer es gerne hätte, dass ihm zu Hause die halbe Stunde schlägt, der kann sich eine Pendeluhr mit Glockenschlag anschaffen. Die Nachbarn muss er dabei - zumindest im Regelfalle - nicht fürchten.

Denn das Amtsgericht Spandau (Az. 8 C 13/03) entschied, dass der Betrieb einer Pendeluhr mit halbstündigem Schlagen zum vertragsgemäßen Gebrauch einer Mietwohnung gehöre. Diese Uhren seien seit über 100 Jahren Bestandteil vieler Haushalte.

Toooooor

Niemand wird bestreiten, dass fußballspielende Kinder für eine gewisse Geräuschentwicklung sorgen. Jubelschreie, Anfeuerungsrufe und das Aufprallen des Balles sind weithin zu hören. Trotzdem gibt es keine allzu großen Chancen, das zu unterbinden bzw. eine Mietminderung dafür zu erhalten.

Der Bundesgerichtshof (Az. VIII ZR 197/14) stellte in einem wegweisenden Urteil fest, Kinderlärm sei laut Gesetz hinzunehmen. Dieser höchstrichterliche Urteilsspruch schränkt die Möglichkeiten von Nachbarn, die etwas gegen diese Art von Lärmbelästigung unternehmen wollen in erheblichem Maße ein.

Der »leise« Mähroboter

Kinderlärm gibt es schon immer, Rasenmähroboter dagegen erst seit wenigen Jahren. Doch diese Geräte verbreiten sich immer mehr, denn sie erleichtern Grundbesitzern die Pflege ihrer Rasenflächen deutlich. Aber auch die Roboter arbeiten nicht geräuschfrei.

Bleiben sie jedoch unterhalb der offiziell geltenden Lärmgrenzen, kann der Betrieb nach Ansicht des Amtsgerichts Siegburg (Az. 118 C 97/13) nicht untersagt werden. Ruhezeiten (unter der Woche von 20 bis 7 Uhr, dazu Mittagspausen) sind allerdings aus Rücksicht auf die Nachbarn trotzdem einzuhalten.

Leben an der Autobahn

Zu den unangenehmsten Entwicklungen dürfte es gehören, wenn nach Abschluss des Mietvertrages die Straße vor der eigenen Wohnung zum Zubringer für eine Autobahn wird. Denn in diesem Fall ist mit mehr und vor allem mit lauterem Straßenverkehr zu rechnen. Konkret waren es etwa 1000 Kraftfahrzeuge pro Stunde.

Der Mieter konnte deswegen eine Mietminderung durchsetzen, urteilte das Amtsgericht Berlin-Köpenick (Az. 4 C 116/10) und sprach dem lärmgeplagten Anwohner 7,5 Prozent Abzug von seiner Miete zu.

Störende Trompetenklänge

Zu den Klassikern der Ruhestörung gehört - zumindest nach Ansicht mancher Menschen - das Trompetenspiel. Unter einer gewissen Lautstärke ist das Üben nur schwerlich möglich, weswegen viele Menschen Trompetenspieler in ihrer Nachbarschaft fürchten. Doch trotzdem kann einem Musiker auch in einem Reihenhaus das Üben und Unterrichten nicht komplett verboten werden.

Der Bundesgerichtshof (Az. V ZR 143/17) gestattete das Trompetenspiel im Rahmen von zwei bis drei Stunden an Wochentagen und von ein bis zwei Stunden an Wochenenden und Feiertagen. Auf die üblichen Ruhezeiten sei Rücksicht zu nehmen.

Wen die Heizung »klopft«

Manchmal sind es keine Menschen, die Geräusche verursachen, sondern technische Geräte. Eine Heizung etwa gab regelmäßig ein Klopfen von sich, so dass die darüber wohnenden Mieter keine Ruhe fanden.

Das Landgericht Osnabrück (Az. 1 S 317/17) musste in der Beweisaufnahme zur Kenntnis nehmen, dass die Mieter nur noch mit Ohrstöpseln schlafen konnten. Das sei während der Heizperiode eine Minderung von 25 Prozent wert.

Den Schuss gehört

Wer auf dem Lande wohnt, der lernt manchmal ungewöhnliche Arten der Ruhestörung kennen. So wurde der Nachbar eines Weinberges regelmäßig von akustischen Schussanlagen aufgeschreckt, die Vögel vertreiben sollten.

Das wollte der vom Lärm Betroffene nicht über eine ganze Saison hinweg miterleben und war mit seiner Klage vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Az. 10 S 1663/11) erfolgreich. Das zuständige Landratsamt sei hier wegen der Gesundheitsgefahr für die Anwohner zum Einschreiten verpflichtet. In Frage kämen in dieser Angelegenheit unterschiedliche Maßnahmen wie die Abschirmung der Schussanlagen bis hin zu den Nachbarn oder die Verringerung der Schussfrequenz. LBS/nd

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