Auf der Wunschliste: viel Platz und Garten

Neue Wohnwünsche nach Pandemie-Erfahrungen

  • Lesedauer: 5 Min.

Deutschland steckt mitten im zweiten Lockdown. Die Bundesbürger müssen wieder mit Kontaktbeschränkungen sowie dezimierten Freizeitmöglichkeiten klarkommen und verbringen auch jahreszeitlich bedingt noch mehr Zeit zu Hause.

Zahlen auf einen Blick

Rund 27 Prozent der Befragten wohnen in einer eigenen Immobilie, 60 Prozent sind Mieter. Die übrigen 13 Prozent leben noch bei ihren Eltern und wurden nicht berücksichtigt. Von den Mietern sind 64 Prozent kinderlos, von den Eigentümern nur 44 Prozent. Zudem sind lediglich 13 Prozent der Eigentümer Singles, aber 37 Prozent der Mieter. LSB/nd

Ob und wie sich die Wohnwünsche bereits über den Sommer verändert haben, zeigt nun eine von LBS Research beauftragte Befragung von 20- bis 45-Jährigen. Berücksichtigt wurden für die folgende Auswertung nur diejenigen, die nicht mehr bei ihren Eltern leben.

Dass die heimischen Wände durch die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung gerade im März und April eine verstärkte Aufmerksamkeit erfuhren, war kaum zu übersehen. Insgesamt fast 60 Prozent der Befragten gaben an, ihr Zuhause umgestaltet zu haben: Gut jeder Vierte hat sich mit Garten oder Balkon beschäftigt, jeder fünfte einen Heimarbeitsplatz eingerichtet und ebenso viele ihre Inneneinrichtung verändert.

Auslöser dieser Aktivitäten war der Umstand, dass die Menschen in dieser Zeitspanne häufiger zu Hause waren: Nur 13 Prozent der 20- bis 45-Jährigen gaben an, dass dies bei ihnen nicht der Fall gewesen sei. Wegen und während Corona im Homeoffice gearbeitet haben 44 Prozent, darunter 28 Prozent länger oder immer noch.

Vor Corona lag der Anteil der regelmäßig im Homeoffice Arbeitenden an der befragten Altersgruppe nur bei 21 Prozent. Insgesamt nutzten 35 Prozent die Möglichkeit zumindest hin und wieder. Knapp 60 Prozent der Umfrageteilnehmer haben im Lockdown und danach mehr Freizeit zu Hause verbrach. Fast die Hälfte machte dort Urlaub anstatt zu verreisen. Ein knappes Drittel musste zu Hause ungeplant die Kinder betreuen.

Nicht überraschend ist angesichts der Corona-Pandemie, dass ein Gros weitere Veränderungen im Wohnumfeld anstrebt. So möchten sich 17 Prozent der Befragten einen Homeoffice-Platz einrichten. 16 Prozent denken über ihre Inneneinrichtung nach und jeweils 13 Prozent über Malerarbeiten oder neue Tapeten. Auch Veränderungen im Garten oder auf dem Balkon gehören dazu. Viele wünschen sich eine bessere Internetverbindung. Immerhin 8 Prozent haben vom Zuhause die Nase so voll, dass sie am liebsten umziehen würden.

Noch einmal umziehen? Was steht dann im Vordergrund?

Apropos umziehen: Die Befragung bestätigt, dass sich die Wohnpräferenzen infolge der Corona-Erfahrungen künftig verschieben könnten. Immerhin 34 Prozent aller Befragten gaben an, bei einem anstehenden Umzug stärker auf Balkon oder Garten achten zu wollen. 30 Prozent würden lieber günstiger wohnen. 23 Prozent hätten gerne mehr Zimmer, jeweils 17 Prozent mehr Möglichkeiten zur Selbstversorgung sowie eine bessere Internetverbindung. Bei jeweils 15 Prozent stehen eine bessere Nachbarschaft und weiter außerhalb wohnen auf der Wunschliste.

Viele Wünsche laufen darauf hinaus, dass es die Bundesbürger tatsächlich verstärkt ins Umland verschlagen könnte, denn dort lassen sich die meisten Ansprüche - einschließlich der geringeren Wohnkosten - eher erfüllen als mitten in der Stadt. Eine bevorstehende Renaissance des abgeschiedenen Dorflebens lässt sich aus den Befragungsergebnissen allerdings nicht herauslesen, so die Experten von LBS Research.

Mieter versus Eigentümer

Viel Platz und einen Garten haben, nach Herzenslust renovieren können - diese Vorstellungen sind eher mit dem Eigenheim im Grünen als mit der Mietwohnung in der Stadt verbunden. Deshalb richtete sich ein besonderes Augenmerk der Befragung auch auf die unterschiedliche Wahrnehmung der zurückliegenden Monate bei Mietern und Eigentümern.

Tatsächlich finden 40 Prozent der Mieter ihre Wohnsituation nach den Corona-Erfahrungen nicht mehr optimal, aber nur 23 Prozent der Bewohner eines eigenen Hauses oder einer eigenen Wohnung (siehe Grafik). Sogar nur jeder fünfzigste Eigentümer gab zu Protokoll, dass er am liebsten umziehen würde, bei Mietern ist es immerhin jeder zehnte. Dass er oder sie nach einem Umzug alles gerne genauso hätte wie bisher, das sagen zwar 28 Prozent der Eigentümer, aber nur 19 Prozent der Mieter. Was letztere besonders oft stört und in einem neuen Zuhause dementsprechend besser sein sollte, sind ein fehlender Garten oder Balkon, die zu hohen Wohnkosten und eine zu geringe Zimmerzahl.

Aus dieser Wahrnehmung resultiert bei vielen auch ein Sinneswandel in punkto Wohneigentum: Bei 30 Prozent der Mieter ist infolge der Pandemie der Wunsch größer geworden, eine Immobilie zu erwerben.

Finanzielle Aspekte

Alle Wohnträume sind hinfällig, wenn sie nicht zu bezahlen sind. Deshalb wurde auch diese Facette berücksichtigt. So ist es erfreulich, dass 57 Prozent der 20- bis 45-Jährigen finanziell unverändert dastehen und 8 Prozent sogar über mehr Geld verfügen als zuvor, aber besorgniserregend ist, dass 32 Prozent mit weniger auskommen müssen. Dass dies künftig der Fall sein wird, schätzen sogar 40 Prozent, und zwar Mieter wie Eigentümer gleichermaßen.

Von den Eigentümern haben 83 Prozent von ihnen die Verschönerung ihres Wohnumfelds in den vergangenen Monaten aus eigenen Ersparnissen bezahlt, aber nur 77 Prozent der Mieter.

Dazu passt auch, dass 30 Prozent der eigentlich renovierungsfreudigen Mieter auf die Frischzellenkur für das Zuhause verzichten, weil es ihnen an Geld fehlt. Bei den Eigentümern ist Geldmangel mit 20 Prozent erst das drittwichtigste Hindernis für gewünschte Veränderungen. Häufiger ausschlaggebend sind bei ihnen mit 30 bzw. 25 Prozent das Aufschieben ungeplanter Ausgaben aus Gründen der Unsicherheit sowie Zeitmangel.

Ein Umzug kommt für 62 Prozent aller Befragten aktuell nicht infrage, weil die Immobilienpreise zu hoch sind. Allerdings tangiert dies »nur« 52 Prozent der Eigentümer, aber 68 Prozent der Mieter. Diese Diskrepanz erklärt sich möglicherweise daraus, dass Eigentümer wenigstens ihre ebenfalls im Wert gestiegene vorhandene Immobilie als Eigenkapital mitbringen, während Mieter den gestiegenen Mieten und Kaufpreisen oft ohne ein entsprechend mitgewachsenes Vermögen gegenüberstehen. LBS/nd

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