Biografien, die Kategorien sprengen
»Ich sehe Identität jetzt als ein Spektrum. Jeder Mensch hat zu viele Schattierungen und Nuancen, um mit wenigen Begriffen definiert zu werden. Man kann unmöglich wissen, wie jemand ist.« Das sagt Margo, eine der Teilnehmer*innen von Nikita Karimovs Multimediaprojekt »Genderprism«. Karimov ist Psychologe, Aktivist und Fotokünstler. Mit seinen Projekten will er transgender und nicht-binäre Lebenswelten sichtbar machen. Als er 2014 seine erste Ausstellung mit Porträts und Coming-Out-Interviews von Transpersonen plante, war es schwierig, Menschen zu finden, die mitmachen wollten. Einige hatten Angst, ihr Gesicht zu zeigen. Nur sechs Jahre später ist die Situation eine ganz andere: »Die Community fühlt sich sicherer, sich zu zeigen, auch wenn es Drohungen gibt«, sagt Karimov. Auf den Aufruf zu seinem aktuellen Projekt meldeten sich viele junge Leute, die bereit waren, über ihr Leben, ihre Erfahrungen in der Familie und in Beziehungen und ihr Verhältnis zu sich selbst zu sprechen.
»Genderprism« verbindet Fotografien mit Text und Musik und präsentiert so crossmedial die Geschichten junger transgender, nicht-binärer und queerer Menschen. Sie erzählen, wie es ist, nicht in vorgegebene Raster zu passen und auf der Suche nach sich selbst eine Antwort zu finden. Karimov will mit dem Online-Projekt diejenigen erreichen, denen es an Orientierung und Vorbildern fehlt, weil queere Menschen keine Repräsentation in den Medien erfahren. Es gebe zwar ein bestimmtes mediales Bild von Transpersonen, aber das sei sehr einseitig. »Manche fragen sich Dinge wie: ›Bin ich richtig so? Bin ich auf die richtige Weise trans?‹«, erzählt Karimov. Für diejenigen, die mit sich ringen, ist es wichtig zu sehen, dass es anderen genauso geht und dass es in Ordnung ist, nicht in vorgegebene Kategorien zu passen.
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