Umweltminister lässt Küstenwald roden

Mecklenburg-Vorpommerns Ressortchef Till Backhaus kommt den Wünschen eines Unternehmers entgegen

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Einen Discounter, Parkplätze und eine Kita will ein Unternehmen nahe Stralsund bauen. Damit sie realisiert werden können, sollen 1,2 Hektar Küstenwald weichen. Mecklenburg-Vorpommerns Umweltminister Till Backhaus (SPD) hat die Rodung gebilligt.

Noch im November hatte er vor Medienvertretern betont, wie wichtig der Schutz von Bäumen sei. Anlass war die Vorstellung der Initiative »Unser Wald in MV«, für die das Land rund 20 Millionen Euro zur Verfügung stellt. Auch deshalb bringt ihn die Zustimmung zum Abholzen des Wäldchens jetzt in Bedrängnis.

Fred Muhsal aus Waren/Müritz, dessen Immobilienfirma etliche Wohn- und Gewerbeobjekte in Mecklenburg-Vorpommern und darüber hinaus errichtet hat, will sein neues Bauvorhaben im Stralsunder Stadtteil Andershof verwirklichen - auf einem Flurstück, das er bereits 2016 vom Land gekauft hat. Zurzeit stehen dort noch Zitterpappeln, Birken, Salweiden, Ahorn, Kiefern und Eichen. Die Bäume müssten weichen, damit Muhsal mit den Baumaßnahmen beginnen kann.

Doch das Forstamt Schuenhagen im Kreis Vorpommern-Rügen verbot die Rodung. Das in den vergangenen 30 Jahren wild gewachsene Gehölz sei ein wichtiger Lebensraum für 28 Vogelarten und bedeutend für das Stadtklima von Stralsund, hatte Amtsleiter Andreas Baumgart dies begründet. Eine Genehmigung werde es lediglich für den Bau der Kindertagesstätte geben - sofern sie ein waldpädagogisches Bildungskonzept anbiete.

Doch solch eine »kleine« Lösung wollte weder die Stadt Stralsund noch Muhsal akzeptieren und so wandten sich Oberbürgermeister Alexander Badrow (CDU) als auch der Bauunternehmer an Backhaus. Der Minister, der Muhsal noch aus dessen Zeit als Chef des Pfanni-Werkes in Stavenhagen kennt, kam zu einem nichtöffentlichen Ortstermin - und mobilisierte sodann im Sinne des OB und des Investors die Landesforstanstalt. Die erklärte das Nein des örtlichen Forstamtes für null und nichtig, genehmigte die Abholzung des Wäldchens und verfügte zum Ausgleich die Neuanpflanzung von zwei Hektar Wald auf der Halbinsel Ummanz auf Rügen. Eine endgültige Entscheidung über die Zukunft des Terrains fällt die Stralsunder Bürgerschaft am 4. März. Eine Mehrheit aus SPD, CDU, Linkspartei und AfD will der Rodung zustimmen. Nur die Grünen sind dagegen. Ihr Fraktionschef Jürgen Suhr wirft Backhaus vor, das Waldgesetz »so hinzubiegen, dass die Interessen des Investors befriedigt werden können«.

Der NDR, der auch die Aktionen von Backhaus enthüllt hatte, berichtete unterdessen, die Ehefrau des Stralsunder OB habe enge geschäftliche Beziehungen zum Baulöwen. Sie ist Geschäftsführerin und Gesellschafterin eines Pflegedienstes, der seinen Sitz gegenüber von seinem Waldgrundstück hat und dort eine Seniorenresidenz bauen möchte. Mitgesellschafter der Pflegedienst-GmbH sei Muhsal.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -