+++ Bund und Länder präzisieren ihre Pläne für Corona-Spitzenrunde +++

Der Newsblog zur Coronakrise - Mittwoch, 3. März 2021: +++ Explosion bei Coronatest-Zentrum in Holland +++ Brasilien meldet Tagesrekord an Corona-Toten +++ Intensivmediziner: »Extreme Disziplin« nötig +++

  • Lesedauer: 5 Min.

Berlin. Kurz vor den Beratungen zu den nächsten Schritten in der Corona-Politik haben Bund und Länder ihre Vorstellungen präzisiert: Der aktualisierte Beschlussentwurf der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, der AFP am Mittwoch vorlag, sieht nun exakte Vorgaben für einen Notbremsen-Mechanismus vor, um bei einem Anstieg der Infektionszahlen zu strengeren Kontaktbeschränkungen zurückzukehren. Die Notbremse soll gezogen werden, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz an drei aufeinanderfolgenden Tagen auf über hundert steigt, heißt es in dem Entwurf. Dann sollen »ab dem zweiten darauffolgenden Werktag« die bislang gültigen Kontaktbeschränkungen wieder in Kraft treten. Damit würde die Möglichkeit zu privaten Zusammenkünften wieder auf den eigenen Haushalt und eine weitere Person beschränkt. Kinder bis 14 Jahre werden dabei nicht mitgezählt. Generell planen Bund und Länder dem Entwurf zufolge, schon ab Montag die privaten Kontaktbeschränkungen zu lockern: Dann dürfen sich bis zu fünf Menschen aus zwei Haushalten treffen.

In der aktualisierten Beschlussfassung wurden zudem die Bedingungen für die Wiedereröffnung des Einzelhandels leicht gelockert. Der aktuelle Entwurf sieht nun vor, einen Kunden pro zehn Quadratmeter »für die ersten 800 Quadratmeter Verkaufsfläche« zuzulassen. Darüber hinaus darf es dann einen Kunden pro 20 Quadratmeter geben.

Die aktualisierte Beschlussvorlage skizziert zudem einen fünfstufigen Öffnungsplan für den Weg aus dem Lockdown - der am Vortag bekannt gewordene Entwurf hatte noch aus vier Stufen bestanden. Die neu hinzugefügte fünfte Stufe sieht nun vor, Freizeitveranstaltungen im Außenbereich mit bis zu 50 Menschen zuzulassen; Voraussetzung dafür soll sein, dass die Sieben-Tage-Inzidenz nach Inkrafttreten der vorherigen Stufe 14 Tage lang unter 35 bleibt.

Auch in der neuen Vorlage bleibt es dabei, dass die Länder die Entscheidung über die Öffnungsschritte fällen. Die Öffnungen können dann landesweit oder regional erfolgen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder beraten ab 14.00 Uhr darüber, wie es mit den Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie weitergehen soll. Der Lockdown soll aber den Plänen zufolge grundsätzlich bis zum 28. März verlängert werden.

+++ Explosion bei Coronatest-Zentrum in Holland +++

Amsterdam. Bei einem Corona-Testzentrum im nordholländischen Bovenkarspel ist ein Sprengkörper explodiert. Personen kamen nicht zu Schaden, wie die Polizei am Mittwoch mitteilte. Die Polizei geht von einer gezielten Aktion aus, wie ein Sprecher im Radio sagte. Das Zentrum befindet sich in der Kleinstadt rund 50 Kilometer nördlich von Amsterdam.

Die Inzidenz ist zu hoch

Kurz vor 7.00 Uhr explodierte bei dem Zentrum nach Polizeiangaben ein Metall-Rohr. Fünf Fensterscheiben seien zu Bruch gegangen. Zu dem Zeitpunkt war nur ein Wachmann anwesend, wie die Polizei mitteilte. Der sei nicht verletzt worden. Sprengstoff-Experten der Polizei untersuchten das Gelände nach möglichen weiteren Sprengsätzen. Angaben zu möglichen Tätern machte die Polizei nicht.

Ende Januar war bei Protesten gegen den Lockdown in der Kleinstadt Urk im Nordosten Amsterdams ein Testzentrum angezündet worden.

+++ Brasilien meldet Tagesrekord an Corona-Toten +++

Brasília. Brasilien hat bei den an einem Tag erfassten Corona-Tote einen neuen Höchstwert registriert. 1.641 Menschen sind nach Daten des Gesundheitsministeriums vom Dienstag (Ortszeit) innerhalb von 24 Stunden gestorben. Insgesamt sind damit in Brasilien 257.361 Menschen im Zusammenhang mit Covid-19 gestorben. Neu infiziert haben sich 59.925 Menschen, womit die Zahl der Corona-Infizierten in dem größten Land Lateinamerikas auf mehr als 10,6 Millionen stieg. Nur in den USA und in Indien sind die Zahlen noch höher.

Brasilien, das erst im Januar mit Impfungen begann, ist eines der am stärksten von der Pandemie betroffenen Länder. Nachdem die Krankenhäuser zuletzt wieder an ihre Grenzen geratenen waren, hatte der Gesundheitsrat eine landesweite Ausgangssperre gefordert. Präsident Jair Bolsonaro, der mittlerweile auch den Sinn von Corona-Impfungen grundsätzlich in Zweifel zieht, hat das Virus von Anfang an verharmlost. Einschränkungen lehnte er aus wirtschaftlichen Gründen ab. Während Deutschland in den Lockdown ging, blieb Brasilien über Weihnachten, Sylvester, die Sommerferien und die Karnevalswoche weitgehend geöffnet.

+++ Intensivmediziner: »Extreme Disziplin« nötig +++

Köln. Der Intensivmediziner Christian Karagiannidis hat zur Vorsicht bei der Lockerung der Corona-Bestimmungen gewarnt. Die Intensivmediziner treibe die große Sorge um, »dass uns diese britische Mutante um die Ohren fliegt«, sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) am Mittwoch im WDR. »Wir können sicherlich zu einem gewissen Grad selbst sowas wie Läden eröffnen, aber was wir brauchen, ist eine extreme Disziplin.« Wichtig sei, dass Masken getragen würden, am besten medizinische Masken, und dies müsse von den Geschäften auch richtig kontrolliert werden. »Was man merkt, ist, dass wir eine Lockdown-Effektivität hatten jetzt nach Weihnachten, die ungefähr nur halb so gut war wie die im Frühjahr«, sagte Karagiannidis. Durch die britische Mutante drohe man derzeit wieder in ein exponentielles Wachstum hineinzukommen, und das müsse unbedingt verhindert werden, um eine Überlastung der Intensivstationen zu vermeiden.

+++ 168 Millionen Kinder seit einem Jahr ohne Unterricht +++

New York. Unicef warnt vor weiter anhaltenden Schulschließungen wegen der Corona-Pandemie. Mehr als 888 Millionen Kinder weltweit seien durch vollständige oder teilweise Schulschließungen in ihrer Bildung beeinträchtigt, teilte das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen am Mittwoch in Köln mit. 168 Millionen Mädchen und Jungen hätten aufgrund von Lockdowns seit fast einem Jahr überhaupt keinen Unterricht mehr gehabt, 214 Millionen hätten mehr als drei Viertel ihres Unterrichts verpasst. Am stärksten betroffen seien Kinder in Ländern Lateinamerikas und in der Karibik, wie der Unicef-Bericht »Covid-19 und Schulschließungen« zeige. Unicef-Exekutivdirektorin Henrietta Fore sprach von einer »katastrophalen Bildungskrise«. »Mit jedem Tag, der vergeht, bleiben Kinder, die keinen Zugang zu direktem Unterricht haben, weiter zurück und die am meisten benachteiligten Kinder zahlen den höchsten Preis.« Sie seien einem erhöhten Risiko ausgesetzt, nie wieder in die Schulen zurückzukehren und zu Kinderehen oder Kinderarbeit gezwungen zu werden. Fore appellierte an die Regierungen, der Wiedereröffnung der Schulen Vorrang einzuräumen. Agenturen/nd

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