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Stromnetz-Rückkauf wird spannend
Rekommunalisierung rückt näher, der Senat hat für die Beschäftigten Zusicherungen abgegeben
Bis Mitte April soll ein unabhängiger Gutachter den Wert des Berliner Stromnetzes einschätzen. Es geht dabei um die Frage, ob der Kaufpreis marktangemessen ist. Die sogenannte Fairness Opinion ist Teil der laufenden Gespräche des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall mit dem rot-rot-grünen Senat über die angestrebte Rekommunalisierung des Berliner Stromnetzes.
Aktuell sieht es nach nd-Informationen so aus, als wenn der ambitionierte Zeitplan für den Rückkauf gehalten werden kann. »Die Gespräche mit Vattenfall über den Erwerb der Stromnetz Berlin GmbH verlaufen konstruktiv und zielorientiert«, heißt es aus der zuständigen Verwaltung von Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) gegenüber dieser Zeitung. Und: »Wir sind zuversichtlich, dass innerhalb des vorgegebenen Zeitplans eine Entscheidung möglich sein wird.«
Abgeordnetenhaus muss Deal zustimmen
Bis Ende Juli dieses Jahres ist das Angebot von Vattenfall, das Stromnetz zu verkaufen, befristet. Bis dahin müssen die Arbeiten zur Bewertung der Transaktion abgeschlossen sein. Gerade fließt in die Einschätzung noch der Jahresabschluss der Stromnetz Berlin ein.
Damit der Kauf der Stromnetz Berlin GmbH mit ihren rund 1400 Beschäftigten über die Bühne geht, muss auch das Landesparlament einbezogen werden. »Als Abgeordnetenhaus müssen wir dem Kaufvertrag und einem neuen Konzessionsvertrag zustimmen«, sagt der Energieexperte der Linksfraktion, Michael Efler, zu »nd«. Konkrete Informationen, wie viel der Rückkauf des Mitte der 90er Jahre privatisierten Stromnetzes kosten wird, hat der Abgeordnete noch nicht. Kostenschätzungen taxieren das Netz bei einem Wert, der zwischen einer und drei Milliarden Euro liegen soll. In der Mitte-links-Koalition ist man aber einig wie selten, das alles gemeinsam hinzubekommen.
Im Austausch ist der Senat unterdessen bereits auch mit den Beschäftigten des Unternehmens. Denn die sollen bei einer möglichen Rekommunalisierung übernommen werden. Bereits Mitte Februar dieses Jahres hatte Finanzsenator Kollatz nach Angaben der Gewerkschaft Verdi »umfangreiche« Absicherungen in Aussicht gestellt. Zuvor gab es offenbar große Sorge bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die das Stromnetz in Berlin am Laufen halten. »In diesem Schreiben werden für uns sehr wichtige Zusicherungen gegeben zu den Themen Arbeitsplatzsicherung, betriebliche Mitbestimmungsstruktur, Standortsicherheit und auch zum zukünftigen Verbleib der Stromnetz GmbH in der Tarifgruppe bei Vattenfall«, erklärte seinerzeit Frank Wolf, der Landesleiter von Verdi Berlin-Brandenburg. Man freue sich, dass der Senat den Vorschlägen der Dienstleistungsgewerkschaft gefolgt sei.
Kräftige Investitionen in Infrastruktur
Das Unternehmen selbst möchte sich nicht zu den Verhandlungen äußern, deren Gegenstand es ist. »Dazu kann ich nichts sagen«, erklärte Thomas Schäfer, der Vorsitzende der Geschäftsführung der Stromnetz Berlin am Donnerstag bei der Jahrespressekonferenz der Vattenfall-Tochter gegenüber Journalisten. Klar ist: »Das, was wir in Planung haben, wird fortgesetzt, wenn der Verkauf so stattfindet«, so Schäfer. Allein in diesem Jahr will der Netzbetreiber 243 Millionen Euro investieren. Das Geld soll in die Modernisierung und den Umbau der Netzinfrastruktur fließen. Unter anderem geht es dabei um den weiteren Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge. Die Nachfrage hat zuletzt signifikant zugenommen. Als Unternehmen ist die Stromnetz Berlin ein wichtiger Player, der die angestrebte Energiewende in der Region vorantreiben soll.
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