Eingeimpfter Optimismus

Simon Poelchau über die Prognose des Sachverständigenrates

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 2 Min.

Angesichts dieser unsicheren Zeiten fragt man sich, warum Ökonomen überhaupt noch Prognosen für die Zukunft abgeben. So hat der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, wie die Wirtschaftsweisen formal heißen, seine Konjunkturprognose für dieses Jahr gesenkt, auf 3,1 Prozent Wirtschaftswachstum. Wieder einmal. Noch im November gingen die Wirtschaftsweisen von 3,7 Prozent aus, im Juni waren es 4,9 Prozent.

Dabei machte die Coronakrise vor allem eines deutlich: Nicht nur ist der Mensch abhängig von der Wirtschaft, sondern auch die Wirtschaft vom Menschen. Oder genauer gesagt: »Die« Wirtschaft, das sind wir alle mit unseren unterschiedlichen Handlungen. Insofern läuft die Konjunktur nur, wenn wir alle arbeiten, Mehrwert produzieren und einkaufen gehen (können). Können wir das nicht, weil wir krank sind oder uns vor einem potenziell tödlichen Virus schützen müssen, dann schmiert auch die Konjunktur ab.

Dies wissen im Grunde auch die Mitglieder des Sachverständigenrates, wenn sie vor einer dritten Corona-Welle warnen und eine größere Geschwindigkeit beim Impfen anmahnen. So geht das Gremium davon aus, dass die Verlängerung des Lockdowns in seiner jetzigen Form um ein Quartal das Wirtschaftswachstum um bis zu einen Prozentpunkt verringern könnte.

Man fragt sich deswegen, warum die Ökonom*innen dennoch so optimistisch sein können, für dieses Jahr insgesamt noch von einem Wachstum von 3,1 Prozent auszugehen. Schließlich ist es angesichts der ganzen Meldungen um Impfstoffe und -zentren derzeit äußerst fraglich, ob alles so glatt läuft wie angenommen. Insofern ist die Prognose mehr von einem Optimismus geprägt, der vom Wunsch getrieben ist, dass alles wieder gut wird, als von einem nüchternen Blick auf die Wirklichkeit.

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