»Ein hochrelevanter Ort«

Kooperativ sondieren: Die Debatte über eine nd-Genossenschaft nimmt Gestalt an

Allmählich tut sich etwas in Sachen nd-Genossenschaft. Zumindest hat eine Verhandlungsgruppe die Arbeit aufgenommen, die ausloten soll, wie und zu welchen Bedingungen eine Genossenschaft gegründet werden kann. Beteiligt sind daran Vertreterinnen und Vertreter von Geschäftsführung, Chefredaktion, Betriebs- und Redaktionsrat sowie aus dem nd-Verlag. Vereinbart wurde eine Absichtserklärung, dass »in kooperativer Weise Möglichkeiten der Gründung einer Genossenschaft« sondiert werden sollen. Die Gespräche sollen »unter Berücksichtigung aller legitimen Interessen der Belegschaft der nd-GmbH« geführt werden.

Medienecho

Das »nd« kämpft gerade ums Überleben. Das wird ihr wohl nur gelingen, wenn sich die Zeitung bis Jahresende in eine Genossenschaft wandelt. Wer braucht die schon?, witzelt es in einigen Westredaktionen. Vielleicht ja ein paar von den 95 Prozent Ostdeutschen, die keine westdeutsche überregionale Tageszeitung lesen.
Tageszeitung

Dass die Auflösung der GmbH gerade jetzt beschlossen werde, liege an der Erkenntnis, »dass die eingeleiteten Veränderungsprozesse im Unternehmen an die wirtschaftlichen und vor allen Dingen auch gesellschaftsrechtlichen Grenzen der bestehenden GmbH gestoßen sind. Gesellschaftsrechtlich ist die GmbH nicht mehr die richtige Rechtsform für eine linke moderne Zeitung der Zukunft.«
nd-Geschäftsführer Matthias Schindler gegenüber dem Deutschlandfunk

Die Frage ist, ob die Mitarbeiter es schaffen, genug Genossenschaftsmitglieder mit entsprechendem Kapital zu werben.
Süddeutsche Zeitung

Seit das »nd« im Kapitalismus angekommen ist, kämpft es um sein Überleben.
Medienmagazin »Zapp«, NDR

Das Gremium soll nun regelmäßig zusammenkommen, und auch wenn nicht jedes Detail für die Öffentlichkeit bestimmt ist, werden wir versuchen, sowohl die nd-Belegschaft als auch die Leserinnen und Leser, Freundinnen und Freunde des »nd« so weit wie möglich auf dem Laufenden zu halten. Nicht nur Torsten Weil müssen wir aber noch um etwas Geduld bitten, der auf Twitter schrieb: »Denkt daran, dass es viele gibt, die euch gern helfen wollen, nicht nur mit warmen Worten, sondern auch konkret. Ich bin da ein bisschen ungeduldig, weil ich eine linke Tageszeitung brauche.«

Die Haltung der Linkspartei - einer der beiden bisherigen nd-Gesellschafter - hat deren Bundesschatzmeister Harald Wolf noch einmal klargemacht. Es gehe um die Weiterentwicklung und Weiterführung des »nd« als unabhängige sozialistische Tageszeitung, schrieb er auf dem Internetportal links-bewegt.de, dem Onlinemagazin der Linken. Das Genossenschaftsprojekt müsse mit Belegschaft und Eigentümern gründlich diskutiert werden. Es brauche, wenn es zustande kommt, »vernünftige Startbedingungen. Also eine ausreichende Anschubfinanzierung und vernünftige Rahmenbedingungen, entsprechende technische Infrastruktur und vieles mehr.« Die Linke sehe sich »selbstverständlich« in der sozialen Verantwortung für die nd-Beschäftigten.

Ines Wallrodt aus der nd-Redaktionsleitung sagte in einem Interview der »Jungen Welt«, sie baue »fest darauf, dass Die Linke weiß, (...) dass es darum geht, gemeinsam die ökonomische Basis dieser Zeitung zukunftsfest zu machen«. Warum das so wichtig ist, formulierte Berlin-Ressortleiterin Marie Frank im Gespräch mit der Zeitung »Analyse & Kritik« so: »Wir wollen nicht in die Lage kommen, eine Genossenschaft zu gründen, um uns dann kurz darauf selbst entlassen zu müssen.«

Leserinnen und Leser nehmen die Genossenschaftsdebatte zum Anlass, uns mitzuteilen, was sie am »nd« schätzen. So schrieb Tim Wihl, Politik-Professor an der Berliner Humboldt-Universität, »nd« besetze »einen hochrelevanten Ort in der Zeitungslandschaft«. Man könne daraus »hervorragend viel über soziale Bewegungen und alle Arten von politischem Protest lernen, aber auch über emanzipatorische Politiken weltweit und lokal. Ihre Zeitung steht als einzige konsequent für die begriffliche Verbindung von Freiheit und Gleichheit, die beide immer zusammen denkt. Insbesondere in der Wochenendausgabe gibt es mehr intellektuellen Glanz als in allen anderen deutschen Wochenpublikationen.« Das verstehen wir als Beitrag zum redaktionellen Selbstverständnis - auch darüber wird in der Belegschaft immer wieder nachgedacht.

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