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Recht statt Gerechtigkeit
Stephan Fischer sieht die Grenzen des George-Floyd-Prozesses
Ein »faires und gerechtes Urteil« zu fällen - dazu sind im Prozess gegen den US-Polizisten Derek Chauvin die Geschworenen um den gewaltsamen Tod des Schwarzen Georg Floyd verpflichtet. Wenn der Prozess fair und transparent abläuft, ist fast das Maximum dessen erreicht, was ein Strafprozess zu leisten vermag. Recht ist eine, Gerechtigkeit eine andere Sache.
»Sühne« für Jahrzehnte des Rassismus zu leisten - das kann kein Prozess, der kein politischer Prozess sein soll. Natürlich ist ein Prozess niemals unpolitisch, seine Ursache liegt nicht im luftleeren Raum, dort findet er auch nicht statt - besonders dieses Verfahren nicht. Aber auch wenn an einer Schuld Chauvins keinerlei Zweifel besteht, muss das Urteil am Ende über juristische Zweifel erhaben sein, um nicht noch mehr Unfrieden zu stiften.
Der Prozess wird viele enttäuschen. Gibt es ein Urteil, wird es vielen zu sanft ausfallen. Andere werden das Verfahren an sich bereits als nicht fair und damit für sie akzeptabel erachten. Die Jury im Prozess kann zum Schluss urteilen - aber der politische Prozess muss woanders stattfinden: in der Aushandlung der Regeln der Polizeiarbeit zum Beispiel, an die sich Chauvin laut Verteidigung gehalten haben soll. Dafür ist aber der Gerichtssaal nicht der Ort. Er ist ein Ort des Rechts - nicht der Gerechtigkeit.
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