AfD-Verbot: Schwuppdiwupp wären sie wieder da

Christian Klemm über das Für und Wider eines AfD-Verbotes

Sie führen die AfD: Alice Weidel und Tino Chrupalla.
Sie führen die AfD: Alice Weidel und Tino Chrupalla.

Die AfD ist in mehreren Bundesländern zu einem Machtfaktor geworden. In Umfragen vor den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern im kommenden Jahr liegt die extrem rechte Partei laut Umfragen bei jeweils knapp 40 Prozent Zustimmung.

Die Wandlung von einer konservativen Professorenpartei hin zu einer offenen revanchistisch-chauvinistischen Vereinigung findet nicht nur, aber besonders in Ostdeutschland großen Anklang. Die DDR in den Grenzen von 2025 ist politisch blau bzw. braun gefärbt. Das hat vor allem mit Arbeitslosigkeit, Lohndumping, Armut und Perspektivlosigkeit in den betroffenen Regionen zu tun, aber auch mit tief sitzenden rassistischen Vorurteilen vieler Menschen dort. In die Karten der AfD spielt im Osten ebenfalls die anhaltende Bevormundung der Bürger durch westdeutsche Eliten und das Abwickeln von Bewahrenswertem aus dem ersten Sozialismusversuch auf deutschem Boden.

Nachdem bereits jahrelang sowohl über das Ob als auch das Wie gestritten wurde, hat sich nun eine neue Gruppe von Abgeordneten im Bundestag zusammengefunden, die ein AfD-Verbotsverfahren anschieben will. Wie die Abgeordnete Irene Mihalic (Grüne) erklärt hat, habe man »den anderen demokratischen Fraktionen Anfang September einen Weg vorgeschlagen, wie wir die Vorbereitung eines möglichen Antrags zur Überprüfung eines AfD-Verbots auf die Schiene setzen können«. In der Union gebe es aber eine »abwartende Haltung«.

Wen wundert das? Wenn Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) ehrlich wäre, dann gäbe er offen zu, dass er seine Politik mit der SPD nur schwer durchsetzen kann und die AfD eigentlich der natürliche Partner der Union wäre. Tatsächlich hat die Union diverse Überscheidungen mit der Partei von Alice Weidel und Tino Chrupalla: Von der Wirtschafts- über die Migrationspolitik und Aufrüstung bis zur Gängelung von Langzeitarbeitslosen spielt man praktisch vierhändig dieselbe Klavitur. Wie das harmoniert, zeigt Merzens rassistische »Stadtbild«-Äußerung, die so oder so ähnlich in einer von Weidels berühmt-berüchtigten Hetzreden im Bundestag hätte fallen können. Zudem gibt es schon länger auf kommunaler Ebene so manche gut funktionierende Zusammenarbeit.

Wenn also in dieser Legislatur ein Verbotsverfahren käme, dann würde die AfD erstens hohe finanzielle Einbußen hinnehmen müssen. Zweitens wäre sie gezwungen, die gesamte Organisationsstruktur unter einem anderen Namen wieder aufzubauen. Und drittens könnte sie dann – siehe BSW – viel seltener in den Medien, geschweige denn in den Parlamenten ihre Sprüche klopfen. Das sind gewichtige Argument für ein Verbot.

Zum Thema: Einen Spaltpilz für die AfD – Stefan Kalmring über die Auseinandersetzung mit der extrem rechten Partei

Die Verhältnisse, die Menschen dazu bringen, Weidels politische Ausfälle zu beklatschen, wären aber auch nach einem erfolgreichen Verbot noch da. Und genau da liegt der Hase im Pfeffer: Die Rechten könnten einfach eine neue Partei gründen. Und schwuppdiwupp wären die »Biodeutschen Patrioten von der Maas bis an die Memel«, oder wie man sich dann nennt, wieder in den Parlamenten. Will sagen: Ein Verbot hätte nicht zwigend einen nachhaltigen Effekt.

Dafür müssen die Umstände verändert werden, die den Aufstieg der AfD begünstigt haben. Das aber wird nicht mit einem Verbot gelingen.

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