Zum falschen Zeitpunkt

Kurt Stenger über die Absage des Bund-Länder-Treffens

Es war absehbar, dass das für Montag anberaumte nächste Treffen der Bundesregierung mit den Ministerpräsidenten der Länder ausfallen wird. Zu zerstritten scheinen letztere zu sein, zu unklar die Entscheidungsstrukturen, zu nebulös der künftige Kurs in der Pandemiebekämpfung. Ein weiteres Treffen mit einem Ergebnis, das dann kaum jemand so haben wollte, kann man sich schenken. Doch erst mal abzuwarten, was ebenfalls viele Beteiligte nicht gut finden, ist noch schlechter.

Die verfahrene Situation hat damit zu tun, dass es längst nicht mehr nur um das Krisenmanagement geht, sondern auch um die staatlichen Strukturen samt der Rollenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Doch es ist der falsche Zeitpunkt, inmitten der Sars-CoV-2-Pandemie derartige Grundsatzdebatten anzustoßen, zumal wir durch die längst dominante britische Mutante B.1.1.7 in der womöglich kritischsten Situation stehen. Das gilt auch für die Änderung des Infektionsschutzgesetzes, die dem Bund mehr Kompetenzen geben soll und für heftige Kontroversen mit dem und im Bundesrat sorgen wird.

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Aktuell braucht es die Bund-Länder-Treffen, aber klügere. Das Problem in Deutschland ist nicht, dass es keine geeigneten Maßnahmen oder Vorschläge gäbe. Es braucht aber mehr fachliche Beratung und weniger landesfürstliche Selbstherrlichkeit. Es braucht einen Minimalkonsens, einen einheitlichen Rahmen, der vor Ort Spielräume lässt, vielleicht auch nur einen Kompass für die hoffentlich letzten Monate dieser Pandemie. Nur das könnte das verloren gegangene Vertrauen in der Bevölkerung zurückbringen, was letztlich entscheidend für den Erfolg jeglicher Maßnahmen ist. Vor dieser Verantwortung sollten sich die Regierungen nicht wegducken.

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