Besetzung bei Demo für die »Liebig 34«

Proteste gegen Verdrängung enden mit Räumung

  • Marie Frank
  • Lesedauer: 2 Min.

»Die Häuser denen, die sie brauchen«, ruft die Menschenmenge vor dem besetzten Haus in der Türrschmidtstraße 1 in Lichtenberg. Rund 200 Menschen haben sich hier am frühen Samstagabend versammelt, nachdem Aktivist*innen das nach ihren Angaben seit 14 Jahren leerstehende Haus besetzt hatten. Zuvor hatten mehrere Hundert Menschen unter dem Motto »Liebig 34 is everywhere« gegen die Räumung des feministischen Hausprojekts »Liebig34« vor einem halben Jahr protestiert. Die Demonstration ging über Frankfurter Allee, die Boxhagener Straße und die Warschauer Straße in Friedrichshain, bis sie gegen 14.30 Uhr in der Türrschmidtstraße zum Stehen kam, wo die Besetzer*innen ein Banner aus den Fenstern entrollten und Pyrotechnik zündeten.

Nachdem die Polizei nach eigenen Angaben einen Miteigentümer des Gebäudes ermittelt hatte, der gegen 18 Uhr vor Ort eine Strafanzeige erstattet haben soll, drangen die Beamt*innen in das Haus ein. Sechs Personen, die sich im zweiten Stock aufhielten, seien vorläufig festgenommen und Strafanzeigen wegen des Verdachts des Hausfriedensbruchs und der Sachbeschädigung eingeleitet worden, teilte die Polizei am Sonntag mit. Vier der Festgenommen seien für erkennungsdienstliche Behandlungen zu einer Polizeidienststelle gebracht und anschließend entlassen worden. Die anderen beiden Personen seien bereits vor Ort wieder entlassen worden.

Als die Besetzer*innen von der Polizei aus dem Haus geführt wurden, brandete lauter Applaus auf. Die Polizist*innen drangen daraufhin in die Kundgebung ein und wendeten Gewalt gegen einzelne Demonstrant*innen an. Insgesamt wurden laut Polizei 29 freiheitsentziehende Maßnahmen getroffen, 17 Ordnungswidrigkeitenanzeigen gefertigt und zehn Strafermittlungsverfahren eingeleitet. Gegen 20.30 Uhr wurde die Versammlung beendet. Einige der Demonstrant*innen zogen daraufhin weiter zur Gefangenensammelstelle am Tempelhofer Damm, um die festgenommenen Aktivist*innen zu unterstützen, die dorthin gebracht worden waren.

»Wenn das Geld, statt in ein obszönes Polizeiaufgebot, in die Renovierung des Hauses gesteckt worden wäre, könnten dort jetzt Räume für Projekte, einen Kiezladen etc. entstehen«, kritisierte die Initiative »besetzen« auf Twitter nach der Räumung in Lichtenberg. Währenddessen habe man sich bereits neue Räume angeeignet. »Wir haben schon längst neue Häuser und Wohnungen geöffnet«, steht unter einem Video, auf dem zu sehen ist, wie Aktivist*innen mehrere Schlösser aufbrechen und in leerstehende Wohnungen eindringen. »Wir sehen nicht dabei zu, wie die Polizei Menschen aus ihren Häusern schmeißt, während Eigentümer*innen ihre bezugsfertigen Wohnungen verschimmeln lassen«, heißt es in dem Video.

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