- Kommentare
- Regierungsbildung in Israel
Opposition ohne Projekt
Cyrus Salimi-Asl über die Versuche, eine Regierung in Israel zu bilden
Die Israelis kennen das schon: Sie gehen zur Wahl, machen ihr Kreuzchen, aber eine neue Regierung kriegen sie erst mal nicht. Die Regierungskoalitionen, gebildet nach langwierigen Konsultationen, sind meist nicht von langer Dauer, und an ihrer Spitze steht dann doch wieder das Stehaufmännchen der Likud-Partei: Benjamin Netanjahu. Trotz eines Korruptionsverfahrens ist er seit zwölf Jahren ununterbrochen Regierungschef.
Dabei waren die Israelis am 23. März zum vierten Mal in nur zwei Jahren zur Parlamentswahl aufgerufen. Viele Israelis wollten Netanjahu loswerden und protestierten lautstark. Am Schluss wurde seine Likud-Partei aber wieder stärkste Kraft, nur reichen die Parlamentssitze wieder nicht für eine stabile Mehrheit. Gute Chancen also für eine fünfte Wahl und für die Rückkehr eines gestärkten Netanjahu.
Den Ausschlag gibt aber nicht die Stärke des Likuds, sondern die Schwäche der Opposition in Parteien und Gesellschaft. Wenn auch der Protest gegen Netanjahu groß ist, schlägt sich dies nicht in deutlichen Wahlergebnissen nieder. Die israelische Linke ist geschwächt, die Arbeitspartei kaputtgewirtschaftet, und andere fortschrittliche Parteien sind zerstritten. Eine weitere Netanjahu-Regierung verhindern zu wollen ersetzt allein kein gemeinsames politisches Projekt.
Andere Zeitungen gehören Millionären. Wir gehören Menschen wie Ihnen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.
Dank der Unterstützung unserer Community können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen ins Licht rücken, die sonst im Schatten bleiben
→ Stimmen Raum geben, die oft zum Schweigen gebracht werden
→ Desinformation mit Fakten begegnen
→ linke Perspektiven stärken und vertiefen
Mit »Freiwillig zahlen« tragen Sie solidarisch zur Finanzierung unserer Zeitung bei. Damit nd.bleibt.