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  • »Love, Death & Robots«

Alternd jung bleiben

Die zweite Staffel von »Love, Death & Robots«

  • Florian Schmid
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Animations-Anthologie-Serie »Love, Death & Robots«, die sich explizit an ein erwachsenes Publikum richtet, wurde vor zwei Jahren von der Kritik gefeiert und fand auch unter Zuschauern großen Anklang. In 18 kurzen, mit recht unterschiedlichen Techniken animierten Filmen wurde in futuristischen Settings der Frage nach der Rolle von Digitalisierung, Robotertechnologie im weitesten Sinn und daraus möglicherweise resultierenden Bedrohungen nachgegangen. Gemäß dem Titel »Liebe, Tod und Roboter« (»Love, Death and Robots«) sollte das Spannungsverhältnis neuer Technologien zwischen Begeisterung, Hingabe und dystopischen Zukunftsbefürchtungen spielerisch und erzählend ausgelotet werden. Neben viel Trash, Gewalt und Splatter bot die Serie auch einige bemerkenswerte Folgen, die das Thema ironisch und subversiv angingen. Nun folgt die zweite Staffel mit nur acht Filmen in einer Länge zwischen sieben und 18 Minuten, so dass die gesamte Staffel insgesamt gerade einmal Spielfilmlänge hat.

Wieder sind die sehr unterschiedlichen Geschichten zumeist in fantastischen Zukunftswelten angesiedelt. Es geht hinaus in den Weltraum, auf ferne Planeten, wo in arktischen Meeren gigantische, elektrisch schimmernde Wale durch die Eisdecke brechen oder in extraterrestrische Wüsten, wo knallharte Kopfgeldjäger sich einen brutalen und blutigen Kampf mit einem Einzelgänger liefern, dessen Körper sich selbst reproduziert und der quasi unsterblich ist.

Altern, dabei jung bleiben und Unsterblichkeit sind interessanterweise immer wiederkehrende Themen dieser Anthologie. So wird in »Jäger und Gejagte« von einer Welt erzählt, in der die Menschen ewig leben, aber Kinder zu haben illegal ist, weil es keinen Platz mehr für sie gibt. Kinder werden von der Polizei aufgespürt und ermordet. Die futuristische Metropole, in der ein Polizist dieser grausamen Tätigkeit nachgeht, bis er sich schließlich gegen seine Kollegen stellt, erinnert an Luc Bessons »Das fünfte Element« oder »Blade Runner«. Die Ästhetik dieser hochgeschossigen, in den Himmel wachsenden Metropole lebt hier vor allem vom Gegensatz zwischen den heruntergekommenen Vierteln und der schicken, teuren Welt der reichen Unsterblichen. Dem fantastischen World-Building scheint in der Animationstechnologie kaum Grenzen gesetzt zu sein - außer die Produktionskosten natürlich.

Einige Filme sind in der Ästhetik aufwendiger Computerspiele gehalten, es gibt aber mit »Im hohen Gras« auch eine Episode, die stilistisch an die Bilder Max Liebermanns erinnert. In der ersten Episode, in der eine alte Frau von ihrem Reinigungsroboter angegriffen wird, während sie verzweifelt versucht, den Kundenservice zu kontaktieren, lassen die seltsam verzerrten und proportional verschobenen Gesichter der Menschen an expressionistische Malerei denken.

Die Serie lebt von diesem Kontrast ganz unterschiedlicher ästhetischer Bildwelten. Und die reicht von verblüffend hyperrealistischer Darstellung in »Rettungskapsel«, wo ein Astronaut mit seinem zum mörderischen Gegner mutierten Roboter kämpft, über einen eigenwilligen Pop-Art-Stil in »Eis«, wo Jugendliche mit modifizierten Körpern an einem lebensgefährlichen Wettbewerb teilnehmen, bis hin zu einer für Kinderfilme typischen Animation in »Bescherung«, wo zwei Kids eine sehr gruselige Wahrheit über Weihnachten herausfinden.

Die Kurzfilme der zweiten Staffel sind insgesamt weniger blutig, wenngleich Gewalt ein fester Bestandteil von »Love, Death & Robots« geblieben ist. An die Vielfalt der ersten Staffel reicht »Love, Death & Robots 2« aber nicht heran, was auch an der geringeren Anzahl der Episoden liegen mag. Denn auch in der ersten Staffel, die deutlich zu viel muskelbepackte Männer enthielt, konnten bei weitem nicht alle Folgen überzeugen. Auch die Technologiekritik im zweiten Teil, in dem es etwas zu viele böse Roboter gibt, kommt mitunter zu platt daher. »Love, Death & Robots 2« bietet keine komplex-differenzierte Herrschaftskritik in Sachen Robotertechnologie oder Digitalisierung an, sondern setzt diese Themen hauptsächlich möglichst bildgewaltig in Szene.

Nach dieser vom Umfang her eher knappen zweiten Staffel ist das Format jedenfalls noch lange nicht ausgereizt. Kein Wunder, dass Netflix bereits eine dritte Staffel angekündigt hat. Bleibt zu hoffen, dass die dann nicht nur wieder tolle animierte Bildwelten liefert, sondern auch inhaltlich etwas anspruchsvoller wird.

Love, Death & Robots 2 - auf Netflix

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