Scheuers Spielereien

Kurt Stenger über die Relevanz des Gesetzes zum autonomen Fahren

Wer sich gefragt hat, was der umtriebige Skandalminister Andreas Scheuer eigentlich in letzter Zeit so getrieben hat: Der CSU-Verkehrsminister hat ein Herzensanliegen auf den Weg gebracht und jetzt durchs Parlament gekriegt - das Gesetz zum autonomen Fahren. Schon 2022 kann es punktuell losgehen. Deutschland soll, darunter macht es Scheuer ja nicht, bei dieser Zukunftstechnologie weltweit ganz vorne dran sein, die hiesige Autoindustrie dabei globaler Spitzenreiter werden.

Doch das ist kaum mehr als Pfeifen im Wald. Bis Flotten selbst fahrender Autos die Straßen hierzulande bevölkern, wird es noch sehr, sehr lange dauern. Völlig ungeklärt ist, was mit den gigantischen Datenmengen der rollenden Computer werden soll, auch Haftungs- und Versicherungsfragen sind offen. Es dürfte höchst spannend werden, wenn irgendwann künstliche Intelligenz, die keine Fehler anderer Verkehrsteilnehmer antizipieren kann, auf cholerische Drängler trifft. Ob die Straßen sicherer werden, wie die Lobbyisten des autonomen Fahrens behaupten, ist höchst unwahrscheinlich. Auch die versprochene CO2-Einsparung ist eher Wunschdenken.

Ohnehin bleibt das noch sehr lange Zeit Zukunftsmusik. Das Gesetz wird diverse Pilotprojekte abseits öffentlicher Routen ermöglichen. Und hier, so Scheuers Kalkül, könnten dann hiesige Autofirmen den Zuschlag bekommen. Doch die sind schon schwer damit beschäftigt, den Rückstand bei der Elektromobilität aufzuholen. Beim autonomen Fahren droht ihnen, zu Zulieferern für Google, Apple und Microsoft degradiert werden. Die Furcht mag übertrieben sein, aber sie werden eben gewiss nicht die Benchmarks und Softwarestandards beim autonomen Fahren setzen.

Statt die Hausaufgaben im Verkehrsbereich zu machen, setzt der Minister auf unausgegorene technische Spielereien. Autonomes Fahren mag irgendwann Sinn machen - aber nur als kleiner Baustein in der künftigen Mobilität jenseits von Automobilismus und fossilen Brennstoffen.

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