Brandbeschleuniger Corona
Migrantenorganisationen fordern Engagement gegen Rassismus
Bereits im April 2020 hatte der Bundesverband Netzwerke von Migrantenorganisationen davor gewarnt, dass die Coronakrise Ungleichheit vergrößert und Menschen mit Flucht- und Einwanderungsgeschichte von den Folgen besonders betroffen sein werden. »Es ist bitter, Recht behalten zu haben«, stellte das Projekt nun in einem jüngst veröffentlichten Papier fest. Die soziale Schieflage habe nahezu in allen Lebenslagen zugenommen, heißt es von dem Verband, in dem rund 800 Vereine organisiert sind.
»Es braucht bei der Pandemiebekämpfung verstärkt mehrsprachige Informationen, ein Vorgehen gegen Armut und die Durchsetzung sozialer Standards, indem man etwa Geflüchtete aus Gemeinschaftsunterkünften in reguläre Wohnungen überführt«, sagte Peyman Javaher-Haghighi, der stellvertretende Vorsitzende des Bundesverbandes, bei einer Pressekonferenz in Berlin. Die Forderungen der Initiative belaufen sich auf die Felder Gesundheit, Bildung, Arbeit, Rassismusbekämpfung und Flüchtlingspolitik. »Für diesen Sommer ist nachholende Bildung mit Lernspaß und Lebensfreude notwendig«, heißt es in dem Papier zu den Bildungsherausforderungen. Danach solle man aber Abschied nehmen von der Schule als »Lernmaschine« und vielmehr ein Schulsystem anstreben, das Werte des »respektvollen Zusammenlebens« vermittelt. Auch »Gute Arbeit« sei für die Zukunft wichtig. Vor allem prekär Beschäftigte hatten durch Corona Einbußen, darunter viele Menschen mit Einwanderungs- oder Fluchtgeschichte, erklärte der Bundesverband.
Großer Wert müsse zudem auf antirassistische Bildungsarbeit gelegt werden. »Jede Krise - wie auch jetzt die Coronakrise - aktualisiert Rassismus«, so das Papier der Initiative. Das aktuelle Antirassismus-Programm der Bundesregierung sei jedoch in dieser schwierigen Lage »nichts anderes als bedrucktes Papier«. »Wir müssen eine gleichberechtigte Teilhabe in allen Bereichen anstreben, zudem muss Antirassismus auch fortan in allen Behörden mitgedacht werden bei ihrer Arbeit«, sagte Cemalettin Özer, der Geschäftsführende Vorstand des Bundesverbandes. Das Ziel einer »vielfältigen Gesellschaft« müsse ernsthaft in allen Konzepten berücksichtigt werden.
Der Bundesverband hatte sich mit seinem Projekt samo.fa, das von der Bundesbeauftragten für Migration, Flüchtlinge und Integration gefördert wird, seit 2016 an 31 Standorten bundesweit für ein »gutes Ankommen« von Geflüchteten eingesetzt. »Die Einwanderungsgesellschaft muss bewusst gestaltet werden - das geht nicht ohne Migrantenorganisationen als Ansprechpartner auf Augenhöhe«, lautete das Fazit des Projektes. Dies sei jedoch ein dauerhafter Prozess, der auch eine dauerhafte Förderung benötige, betonte Elizabeth Beloe, ebenfalls stellvertretende Vorsitzende. »Nur mit Ehrenamt ist diese Aufgabe nicht zu schaffen, da braucht es mehr Ressourcen«, fügte Özer hinzu.
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