Wenn gelegentliche Attacken zur Gewohnheit werden

Rechtlich gegen Schikane am Arbeitsplatz vorgehen

  • Paul-Benjamin Gashon
  • Lesedauer: 3 Min.

Wer in die Schusslinie von manipulativen Kollegen oder toxischen Vorgesetzten gerät, leidet enorm, und das in den meisten Fällen über lange Zeit stillschweigend. Anstatt dem emotionalen Terror ein Ende zu bereiten, treten Betroffene häufig vollkommen demotiviert den taktischen Rückzug an. Schließlich liegt die Kündigung längst in der Schreibtischschublade.

Aber einfach alles hinschmeißen und weiterziehen, nur um der Konfrontation zu entgehen? Es gibt Mittel und Wege, sich zu wehren. Ständige Schikane, Beleidigungen oder Drohungen muss im Arbeitsalltag keiner ohnmächtig ertragen.

Wenn daraus Gewohnheiten werden

Meinungsverschiedenheiten und Konflikte in der Arbeitswelt sind normal. Und nicht jedes negative Wort oder jeder schlechte Tag von Kollegen und Vorgesetzten deutet auf eine toxische Unternehmenskultur hin. Problematisch wird es, wenn sich daraus eine Gewohnheit entwickelt und beispielsweise ein Teammitglied über Wochen oder sogar Monate immer wieder grundlos ausgegrenzt oder angegriffen wird.

Betroffene können sich in solchen Fällen mit dem Betriebsrat oder der zuständigen Gewerkschaft in Verbindung setzen. In einigen größeren Betrieben werden teilweise auch Mediatoren eingesetzt oder eigene Stellen für Beschwerden geschaffen. In jedem Fall obliegt es dem Arbeitgeber, dem nachzugehen und falls erforderlich diskriminierendes Verhalten durch arbeitsrechtliche Maßnahmen zu unterbinden.

Je nach Schwere des Falls stehen dem Unternehmen verschiedene Sanktionsmöglichkeiten zur Verfügung. Sollten Rüge und Abmahnung nicht zur gewünschten Verhaltensänderung führen, kann es auch zur Umstrukturierung eines Teams oder als Ultima ratio zur Kündigung kommen. Parallel dazu entscheiden sich einige Unternehmen auch, proaktiv am Betriebsklima zu arbeiten. Um potenziellen Konflikten den Nährboden zu entziehen und mögliche Eskalationen zu vermeiden, setzen sie auf Mobbing-Prävention in Form von Sensibilisierungstrainings und Teambuilding-Maßnahmen.

Selbst die Reißleine ziehen!

Verletzen Arbeitgeber ihre Fürsorgepflicht, indem sie die Schikane nicht unterbinden, kann das Unternehmen unter Umständen zur Verantwortung gezogen werden. Doch wie in vielen rechtlichen Belangen kommt es hier auf den Einzelfall an. In Deutschland gibt es weder für Mobbing noch für sogenanntes Bossing, also Schikane vom Chef, einen eigenen Straftatbestand.

In der bisherigen Rechtsprechung muss daher nicht nur eine Täter-Opfer-Konstellation vorliegen. Es gilt auch, nachzuweisen, dass sich das Verhalten über einen längeren Zeitraum kontinuierlich fortsetzt, systematisch und zielgerichtet ist und die Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder der Gesundheit bezweckt.

Eine genaue Dokumentation einzelner Vorfälle - beispielsweise in Form eines Mobbing-Tagebuchs - spielt dabei eine wichtige Rolle. Betroffene sollten sich unbedingt präzise notieren, wer wann was gesagt oder getan hat. Im Idealfall untermauern Aussagen von Arbeitskollegen, Kunden oder Betriebsratsmitgliedern die Vorwürfe.

In der Praxis fällt es solchen Zeugen aber oftmals schwer, sich genau an einzelne Begebenheiten zu erinnern. Insbesondere, wenn die Vorfälle schon einige Zeit zurückliegen.

Daher der Rat: Als Beweismittel auch Schriftstücke wie beleidigende E-Mails sammeln. Und der Weg in die Offensive ist der beste Weg.

Der Autor ist als Rechtsanwalt mit dem Schwerpunkt Arbeitsrecht bei der Korten Rechtsanwälte AG tätig. Weitere Informationen unter www.korten-ag.de/

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