Corona-Impfung ist nicht anzuordnen, aber ...

gibt es eine impfpflicht am arbeitsplatz?

  • Lesedauer: 2 Min.

Auskunft gibt Markus Mingers, Fachanwalt für Arbeitsrecht von der Die Mingers Rechtsanwaltgesellschaft:

In Deutschland besteht keine Corona-Impfpflicht. Für Unternehmen heißt das: Sie dürfen von ihren Angestellten das Wahrnehmen von Impfangeboten nicht einfordern - mögliche Klauseln in Arbeitsverträgen sind daher ungültig. Arbeitnehmer*innen können sich auf ihr Persönlichkeitsrecht berufen.

Einen Sonderfall könnte das Gesundheitswesen darstellen. So trat am 1. März 2020 das Masernschutzgesetz in Kraft, nach dem alle Arbeitnehmer*innen von Kindertagesstätten, Schulen und medizinischen Einrichtungen, die nach 1970 geboren sind, eine Masernimpfung beziehungsweise ihre Immunität vorweisen müssen.

Wenn sich Arbeitnehmer*innen gegen ein Corona-Vakzin aussprechen, kann dies aus arbeitsrechtlicher Sicht aktuell nicht beanstandet werden. Ob Unternehmen bei einem Verzicht von ihrem Hausrecht Gebrauch machen können und Nicht-Geimpften den Zutritt zu den Räumlichkeiten verweigern, ist eine andere Thematik.

Potenzielle Konflikte lassen sich umgehen, wenn Arbeitnehmer*innen ihrer Tätigkeit weiterhin im Homeoffice nachgehen dürfen. Falls sich keine einvernehmliche Lösung findet und Arbeitnehmer*innen ihre Leistung nicht ordnungsgemäß erbringen, kann der Anspruch auf Vergütung nach § 297 BGB in der Theorie verloren gehen. Kommen weitere Voraussetzungen hinzu, kann im schlimmsten Fall sogar die Kündigung drohen.

Dem steht jedoch gegenüber die Auffassung, dass Beschäftigte aufgrund ihrer persönlichen Entscheidung im Kontext der Impfung nicht benachteiligt werden dürfen. So sehen Gewerkschaften eine mögliche Zutrittsverweigerung als ebensolche Benachteiligung an. Dieser Argumentation folgend, müssten Arbeitgeber demnach eine Vergütung ohne Arbeitsleistung weiterhin an die Beschäftigten zahlen. Da die Komplexität der Thematik enorm ist, müssen aller Voraussicht nach Gerichte abschließend über den entsprechenden Sachbestand entscheiden.

Darf der Arbeitgeber anordnen, dass der nichtgeimpfte Arbeitnehmer fortan in Homeoffice arbeiten muss? Mit dem sogenannten Direktionsrecht dürfen Vorgesetzte ihren Angestellten auf Grundlage des Arbeitsvertrages Anweisungen geben - dies endet jedoch an der Haustür des jeweiligen Erwerbstätigen. Sofern Arbeitnehmer*innen weiterhin zu Hause nicht tätig sein möchten, kann der Betrieb keine Anordnung für das Homeoffice geben.

Noch ein Wort zur Impfung während der Arbeitszeit: Private Termine sind generell außerhalb der eigenen Arbeitszeiten zu legen. Da man in der gegenwärtigen Situation durchaus einen Zeitpunkt der Corona-Impfung zugewiesen bekommt, der innerhalb der Arbeitszeit liegt, kann der Betreffende laut § 616 BGB auf eine bezahlte Freistellung bestehen.

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