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Stromnetz wird endgültig kommunal

An diesem Donnerstag übergibt Vattenfall den Betrieb des Energienetzes an das Land Berlin

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

An diesem Donnerstag ist es offiziell soweit: Die Stromnetz Berlin GmbH wird Eigentum des Landes Berlin. Die Rekommunalisierung des Energienetzes aus der Hand des schwedischen Staatskonzerns Vattenfall, dem die Stromnetz-Tochter bisher zu 100 Prozent gehörte, soll an diesem Donnerstag auch symbolisch begangen werden. Geplant ist laut Einladung, dass Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne, zuständig für die landeseigene Betriebe und Energie) und Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) sowie Vertreter von Vattenfall und des neuen Konzessionsbetreibers, der Berlin Energie und Netzholding GmbH, am Nachmittag vor dem Standort der Stromnetz Berlin gemeinsam die Berlin-Flagge hissen wollen. Der Verkauf wird dann rückwirkend zum 1. Januar 2021 gelten, womit auch die Gewinne aus dem Netzbetrieb für dieses Jahr in Berlin verbleiben werden.

Für den Aktivisten und Abgeordneten Michael Efler schließt sich damit auch persönlich ein Kreis. Als Sprecher und Vertrauensperson des Volksbegehrens des Berliner Energietisches kämpfte Efler, der inzwischen für die Linke im Abgeordnetenhaus sitzt, seit fast einem Jahrzehnt für eine Rekommunalisierung des Stromnetzes. Der Energie-Volksentscheid, den Efler mit anstieß, scheiterte im November 2013 nur knapp. Gerade mal 20 000 Stimmen fehlten, insgesamt 600 000 Berlinerinnen und Berliner hatten sich für den Entscheid ausgesprochen. Trotz des damaligen Scheiterns sind die beiden ursprünglichen Hauptziele des Volksbegehrens zur Energie inzwischen umgesetzt worden: ein Berliner Stadtwerk ist gegründet und nun ist auch der Rückkauf des Stromnetzes Realität geworden. »Circa 30 Jahre nach der Privatisierung der Bewag hat Berlin endlich wieder ein kommunales Stromnetz wie auch alle anderen deutschen Großstädte«, freut sich Efler am Mittwoch. Mit dem Rückkauf des Stromnetzes könne das Land den Ausbau erneuerbarer Energien sowie den Kohleausstieg besser vorantreiben, sagt der energiepolitische Sprecher der Linksfraktion. Und: »Die Gewinne aus dem Stromnetz werden bald nicht mehr in die Kassen von Vattenfall fließen, sondern hier in Berlin für Investitionen ins Netz und die Energiewende zur Verfügung stehen«, so Efler zu »nd«.

Um den Stromnetz-Deal auch zustande kommen zu lassen, mussten die Parlamentarier des Abgeordnetenhauses zustimmen, was Mitte Juni angesichts der rot-rot-grünen Mehrheit im Haus eher eine Formsache war (»nd« berichtete).

Begrüßt wird der Übergang in die kommunale Hand derweil auch von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. »Es ist für uns ein großer Erfolg, dass alle unsere Tarifwerke weiter gelten. Das war nur durch unsere starke Mitgliedschaft bei der Stromnetz Berlin GmbH und unseren dort tätigen Verdi-Betriebsräten möglich«, sagt der zuständige Gewerkschaftssekretär Robin Marks.

Insgesamt hat Berlin Vattenfall einen Kaufpreis von etwas mehr als zwei Milliarden Euro für das Geschäft entrichtet. Die stattliche Summe soll laut Senatsfinanzverwaltung über eine Fremdfinanzierung über Kredite in Verbindung mit Landesbürgerschaften laufen. Das heißt: Die laufenden Haushalte würden nicht belastet. Die Berliner FDP-Fraktion kritisierte das unlängst bereits als »Schattenhaushalt«, weil das Netz »auf Pump gekauft worden« sei.

Möglich wurde der Verkauf des Energienetzes Anfang des Jahres durch ein Verkaufsangebot Vattenfalls, das nach jahrelangen juristischen Auseinandersetzungen mit dem Land Berlin über die Netzkonzession die Offerte selbst unterbreitete. Dem Aufbau eines ökologischen und nachhaltigen Netzbetreibers, der die Energiewende voranbringt, steht damit eigentlich nichts mehr im Weg - jetzt muss der Plan nur noch umgesetzt werden.

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