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Von Gorleben nach Garzweiler

Umweltschützer und Kirchengruppen begeben sich auf 500 Kilometer langen »Kreuzweg«

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.

»Der Kreis unserer Unterstützer wird immer größer«, freut sich Elisabeth Hafner-Reckers. Die Anti-Atom-Aktivistin aus dem Wendland und stellvertretende Vorsitzende der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg ist eine der Organisatoren des »Kreuzwegs für die Schöpfung«. Er führt von Gorleben in Niedersachsen zum Dorf Lützerath am Braunkohletagebau Garzweiler in Nordrhein-Westfalen. Start ist am Sonntag. Die Marschierer wollen die rund 500 Kilometer lange Strecke in 26 Tagesetappen bewältigen.

Tatsächlich ist die Liste der Gruppen und Initiativen, die den »Kreuzweg« unterstützen, in den vergangenen Tagen beständig länger geworden. Neben Umweltverbänden und Bürgerinitiativen rufen so unterschiedliche Gruppen wie die Evangelische Kirche im Rheinland, die katholische Fraueninitiative Maria 2.0 und Greenpeace Energy zur Teilnahme auf.

Auch die Planung für Angebote an der Strecke sei gut angelaufen, sagt Bina Friedrich aus der Vorbereitungsgruppe. Einzelpersonen, Klimagruppen und Kirchengemeinden bereicherten den Kreuzweg vor Ort mit Veranstaltungen, Andachten, Konzerten und nicht zuletzt der nötigen Infrastruktur. Diese sei besonders wichtig, denn wegen der Corona-Pandemie seien viele Häuser, die sonst Wandergruppen aufnehmen, noch geschlossen. »Zum Glück sind wir nicht anspruchsvoll«, so Friedrich. »Uns genügt eine Zeltwiese und Zugang zu Sanitäranlagen.«

Der Weg führt an vielen politisch neuralgischen Punkten vorbei. Unter anderem liegen das Atomkraftwerk Grohnde bei Hameln, das Kohlekraftwerk Datteln im Ruhrgebiet, die Zentrale des Energiekonzerns RWE in Essen und der Sitz der nordrhein-westfälischen Landesregierung in Düsseldorf auf der Route. An diesen und anderen Orten – so auch vor einem Schlachthof der Firma Tönnies in Rheda-Wiedenbrück – sollen Kundgebungen abgehalten werden.

»Wir wollen den Skandal der schmutzigen Energiegewinnung aus Braunkohle in die Fläche tragen«, heißt es in dem Aufruf zum »Kreuzweg«: »Im Rheinischen Revier verlieren noch heute Menschen ihre Heimat, werden enteignet. Häuser und Kirchen werden abgerissen, Bäume gefällt, fruchtbarstes Ackerland kommt unter den Bagger.« Dies alles für eine Energie, die die Erderwärmung immer weiter anheize und unter der heute bereits die Menschen vor allem im globalen Süden litten. Das Rheinische Braunkohlerevier ist der größte CO2-Emmitent in Europa.

Der Kreuzweg stelle sich in die Tradition der langjährigen Proteste der Anti-Atom-Bewegung, sagt Hafner-Reckers. Schon 1988 trugen Aktivisten aus Wackersdorf in Bayern ein Kreuz an den damals neuen Anti-Atom-Brennpunkt Gorleben. Dieses Mal gehe es darum, den Protest gegen Atomkraft, Braunkohle und neue Autobahnen zusammenzuführen: »Der gleichzeitige Ausstieg aus Kohle, Gas und Atom ist zwingend notwendig und auch machbar.«

Die Teilnehmer des diesjährigen Kreuzwegs schleppen ebenfalls ein großes Holzkreuz mit sich. Auf der Suche nach einem möglichen dauerhaften Stellplatz für das Kreuz wurden die Aktivisten jetzt fündig. Das kleine Grundstück, auf dem früher die Kapelle von Lützerath stand, ist noch im Besitz der Pfarrgemeinde Immerath. Die Initiative »Die Kirche(n) im Dorf lassen«, die sich gegen den Braunkohletagebau engagiert und zu den Unterstützern des Kreuzwegs zählt, will das Areal nun kaufen. Keinesfalls dürfe dieses Grundstück an RWE veräußert werden, appelliert die Initiative an den Aachener Bischof Helmut Dieser.

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