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Kultur der Ausgrenzung
Jeja Klein zur Einschränkung von Rechten für LGBTIQ in Ungarn
In Ungarn ist das Gesetz in Kraft getreten, das die Darstellung gleichgeschlechtlicher Liebe und transgeschlechtlicher Lebensweisen massiv einschränkt. Die ungarische Regierung ließ sich nicht irritieren: weder von der Regenbogensymbolik, die bei der Herrenfußball-EM omnipräsent ist, noch von den Protesten der Europäischen Union. Das EU-Parlament beschloss am Mittwoch mit deutlicher Mehrheit, von der Kommission wirksame Schritte gegen Ungarn zu fordern.
Das ist gut so, denn anders als bei der selbstgefälligen deutschen Toleranzparty rund um das Münchner Fußballstadion geht es in Ungarn um handfeste queere Rechte, um Leben und Tod. Wir wissen: Queere Menschen, insbesondere Jugendliche, weisen eine deutlich erhöhte Suizidgefährdung auf. Die fällt nicht vom Himmel. Sie hängt davon ab, wie aufgehoben sich die Kinder und Jugendlichen in ihrer Familie und ihrer Gesellschaft fühlen können. Lernen sie von klein auf eine Welt kennen, in der manche Menschen so selbstverständlich gleichgeschlechtlich lieben, wie die Mehrheit eben am jeweils »anderen« Geschlecht orientiert ist, gleicht sich ihre Suizidgefährdung an. Dasselbe gilt für transgeschlechtliche Kinder, die in dieser Hinsicht noch wesentlich vulnerabler sind und denen man nun staatlich verordnet das Wissen um ihre eigene Existenz vorenthalten will. Verbreitet sind Suchterkrankungen, sexuelle Gewalt und Traumata, Angststörungen und ADHS, das Herausfallen aus Bildung und Arbeit - geringes Einkommen, biografische Brüche, Prostitution und die Unmöglichkeit, eine Familie zu gründen. »Kinderschutz«, so rechtfertigt Ungarn das Gesetz, sieht jedenfalls anders aus. Die Dominanzkultur, an der die rechte ungarische Regierung seit Jahren arbeitet, soll auf dem Rücken - und den Gräbern - derjenigen errichtet werden, die nicht dazu gehören: LGBTIQ, aber auch Liberale und Linke, Roma, Muslime und andere rassistisch stigmatisierte.
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