Fake News im Wahlkampf

Die Negativkampagne gegen die Grünen überschreitet Grenzen

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.

Kritik an der Konkurrenz ist im politischen Geschäft eine Selbstverständlichkeit. Die miteinander konkurrierenden Parteien stellen nicht nur ihre eigenen Pläne vor, sondern grenzen sich zugleich von ihren Mitbewerberinnen ab. Allerdings gibt es dabei auch Grenzen, die immer wieder überschritten werden. So wurden zahlreiche Plakate aufgehängt, die aussehen wie Wahlwerbung der Grünen, aber mit Schlagworten wie »Wohlstandsvernichtung«, »Klimasozialismus« oder »Ökoterror« versehen sind. Man kann nicht einmal von einer Zuspitzung reden. Die Plakate sind schlicht plump. Trotzdem sind sie von der Meinungsfreiheit gedeckt. Die Grünen können nicht rechtlich gegen die Kampagne vorgehen, wollen nun aber ihre Mitglieder motivieren, noch mehr eigene Plakate aufzuhängen.

Kaum verwunderlich ist, dass eine rechte Firma hinter der Kampagne steht. Es handelt sich um die Conservare Communication GmbH. Sie hat ihren Sitz in Hamburg und ist Herausgeberin der Publikation »Deutschland Kurier«. Chefredakteur David Bendels ist zugleich alleiniger Gesellschafter von Conservare Communication. Das Medium führt auf seiner Website diverse Vertreter der AfD als Gastautoren auf. Trotzdem behauptet die Partei felsenfest, dass sie mit der Kampagne nichts zu tun hat.

Auffällig ist, dass der »Deutschlandkurier« Politiker von SPD, Linkspartei und Grünen mit kommunistischer Symbolik darstellt. Das ist ein billiger Abklatsch der Rote-Socken-Kampagne, die von der CDU im Bundestagswahlkampf 1994 gefahren wurde. Die Konservativen wollten damals Stimmung gegen eine mögliche Koalition aus SPD und PDS beziehungsweise gegen die Tolerierung einer rot-grünen Minderheitsregierung durch die PDS machen. Nun wird ein mögliches rot-rot-grünes Bündnis von rechten Kreisen erneut als Feindbild aufgebaut. Dabei wären von einer solchen Koalition keine Schritte in die Richtung einer sozialistischen Gesellschaft zu erwarten, sondern allenfalls Reformen unter dem Stichwort sozial-ökologischer Umbau.

Es handelt sich allerdings nicht um die einzige Negativkampagne im Wahlkampf. So zeigt ein Werbespot der SPD eine Matrjoschka-Puppe mit dem Konterfei des CDU-Vorsitzenden und Kanzlerkandidaten Armin Laschet. Nach dem Öffnen der Puppe kommen kleinere Puppen zum Vorschein, die Gesichter von weit rechts stehenden CDU-Politikern haben. Zu sehen sind der frühere Unionsfraktionschef Friedrich Merz, Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen, der in Thüringen für den Bundestag kandidiert, und Nathanael Liminski, Leiter der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei. Eine Stimme aus dem Off erklärt, dass für den erzkatholischen Laschet-Vertrauten Liminski Sex vor der Ehe ein Tabu sei.

In der CDU-Zentrale war man wegen des Spots beleidigt, aber die Parteistrategen der Union wollten die Sache nicht an die große Glocke hängen. Zumal sich der Spot der SPD nicht mit dem Vorgehen der Rechten vergleichen lässt. Im Unterschied zu ihnen verzichten die Sozialdemokraten nämlich auf Begriffe wie »Terror« und »Vernichtung«. Sinn und Zweck des Spots ist es offensichtlich, dass sich die SPD zumindest im Wahlkampf verbal etwas von den Unionsparteien distanziert, nachdem sie nun jahrelang zusammen regiert haben, ohne dass es dabei zu größeren Konflikten gekommen wäre. Der Werbespot wird auf keinen Fall zum Bruch zwischen den beiden Parteien führen. Zumal sie nach wie vor in einigen Bundesländern als Koalitionspartner aufeinander angewiesen sind.

Es ist eine gute Nachricht, dass fast alle im Bundestag vertretenen Parteien angekündigt haben, sich selbst zu einem fairen Wahlkampf zu verpflichten. Von der AfD kann man das nicht erwarten. Für sie gehören Hetze und Provokation zum alltäglichen Geschäft. Dieses Gebaren kann jedoch nicht gänzlich ignoriert werden. Denn die Partei hat viele Anhänger. Und aus Worten können schnell Taten werden. Dadurch sind Minderheiten und Andersdenkende bedroht. Empörung hilft nicht weiter. In Debatten muss die Partei argumentativ widerlegt werden und man darf ihr nicht die Straße überlassen.

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