FU-Kanzlerin erlaubt keine Schulungen

Personalvertretungen beschweren sich in Offenem Brief über fehlende Mitbestimmung

  • Moritz Schmöller
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Stimmung in den Beschäftigtenvertretungen der Freien Universität (FU) ist angespannt: »Wir befinden uns in einer Situation, in der wir unseren Aufgaben aufgrund einer Vielzahl abgelehnter Arbeitsrechtsschulungen nur eingeschränkt nachkommen können«, schreiben Vertreter von Gesamtpersonalrat, Personalrat Dahlem und Personalrat der studentischen Beschäftigten sowie die Jugend- und Auszubildendenvertretung in einem Offenen Brief. Dieser ging am vergangenen Freitag an die Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft.

Laut Gesetz haben Personalvertretungen einen Anspruch darauf, erforderliche Schulungen zu besuchen. Sie können dabei den Anbieter mit der besten Leistung auswählen und müssen nicht die preisgünstigste Alternative wählen. Trotzdem lehne FU-Kanzlerin Andrea Bör Entsendebeschlüsse häufig unter Verweis auf das Vergabegesetz und die sogenannte sparsame Haushaltsführung ab, heißt es in dem Schreiben. Sie fordere stattdessen die Gremien auf, Schulungen bei arbeitgebernahen Instituten zu besuchen oder Erkundigungen bei dem eigenen Verwaltungspersonal der FU einzuholen. So wurde dem Personalrat Dahlem, der etwa 4500 Beschäftigte an der Universität vertritt und sämtliche Einstellungsvorgänge bearbeitet, die Kostenübernahme zur Schulung zum Eingruppierungsrecht insgesamt dreimal abgelehnt. Der Personalrat der studentischen Beschäftigten hatte bis zum Schulungsstart keine Antwort auf seinen Antrag erhalten. Erst nach der Ankündigung rechtlicher Schritte reagierte das FU-Präsidium mit einer Ablehnung und der Begründung, die Schulung würde zu hohe Kosten verursachen.

Einige neu gewählte Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung mussten eine bereits begonnene Grundlagenschulung abbrechen, weil die Kanzlerin kurzfristig mitteilte, dass befristete Auszubildendenvertreter angeblich kein Recht hätten, an der Schulung teilzunehmen. Und das obwohl die FU 2021 einen Haushaltsüberschuss von 150 Millionen zu verzeichnen hatte.

Der Fachanwalt der FU-Gremien, Sebastian Baunack, erklärt, dass Personalräten häufig nur die gerichtliche Durchsetzung solcher Schulungsansprüche bliebe: »Gehen die Mitglieder ohne gerichtliche Klärung zur Schulung, laufen sie Gefahr, privat auf den Kosten sitzen zu bleiben«, sagt Baunack zu »nd«. »Das können sich die meisten nicht leisten und verzichten dann auf die Schulung. So bleiben sie über Jahre ohne Rechtskenntnisse und können ihr Wächteramt nicht wirksam wahrnehmen.« Die Kanzlerin müsse sich so nicht »mit ebenbürtigen Personalräten herumschlagen«. Effektive Mitbestimmung im Interesse der Beschäftigten werde so verhindert.

Jana Seppelt, zuständige Verdi-Gewerkschaftssekretärin, stellt klar: »Die FU verfügt über einen eigenen Tarifvertrag und eine Vielzahl an Dienstvereinbarungen, die gemeinsam ein komplexes Regelwerk darstellen. Allein die Bearbeitung eines Eingruppierungsantrags ist ohne Schulung kaum möglich.« Sachkundige Personalräte seien Grundvoraussetzung für Verhandlungen auf Augenhöhe.

Das Präsidium erklärte, man sei als staatlich finanzierte Hochschule an rechtliche Vorgaben gebunden, was auch die Auswahl von Fortbildungsanbietern und auch die Zahl der daran Teilnehmenden beschränke. Der zuständige Staatssekretär Steffen Krach (SPD) teilte mit, dass die Äußerungen der Personalvertretungen sehr ernst genommen würden. Man werde die Kanzlerin der FU zu einer Stellungnahme auffordern, um die beschriebenen Sachverhalte zügig aufzuklären.

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