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Afghanistan wird globaler Waffenbasar
Kriegstreiber und Terroristen aller Couleur freuen sich über Hinterlassenschaften des Westens
Nach der unerwartet raschen »Wende« in Afghanistan werden nicht nur im Lande selbst für viele Gewerke schlechte Zeiten anbrechen. So ist im Nordwesten Pakistans ein weiterer Aufschwung der Arbeitslosigkeit wahrscheinlich. In der Provinz Khyber Pakhtunkhwa gab es bislang rund 40 Waffenmanufakturen mit rund 1000 Angestellten. Sie produzierten Kopien aller gängigen Handfeuerwaffen samt Munition. Nur komplizierte Teile wie Läufe importierte man. Zumeist aus China. Nun aber fallen die bislang wichtigsten Abnehmer der pakistanischen Waffenschmiede aus: die Taliban.
Denn die neuen Herrscher Afghanistans sitzen auf Bergen erbeuteter Waffen und anderem Kriegsgerät, nachdem sich die afghanischen Sicherheitskräfte ihnen in nur wenigen Tagen ergeben hatten. Vieles davon ist kaum gebraucht und durchaus modern.
Die Masse des ererbten Mordwerkzeuges ist »Made in USA«. Washington hat – laut Weißem Haus und Pentagon – der Republik Afghanistan Waffen und anderes militärisches Gerät für rund 83 Milliarden Dollar geliefert. Wie viel Deutschland für das Arsenal der afghanischen Streitkräfte beisteuerte, will die Regierung in Berlin nicht so genau bekannt geben. Intern heißt es, allein in den vergangenen fünf Jahren habe die Bundesrepublik Rüstungsgüter im Wert von 56 Millionen Euro an den Hindukusch geliefert. Sicher ist bereits jetzt, dass die Islamisten in Afghanistan in vielen militärischen Bereichen besser gerüstet sind als die Bundeswehr. Ein möglicher Untersuchungsausschuss könnte es genauer herausfinden.
Ob ihrer aktuellen Struktur richtet sich das überwiegende Interesse der Taliban zunächst wohl auf die rund 40 000 ererbten Pick-ups und eine Fülle sogenannter Kleinwaffen. Dazu zählen nach Ansicht von US-Experten knapp 65 000 Maschinen- sowie über 350.000 Sturm- und andere Gewehre. Kommunikationsmittel und Nachtsichtgeräte kommen hinzu.
Interessant für die neuen Machthaber sind gewiss auch einige der von den USA gelieferten 22 174 Humvee-Geländewagen sowie die 8000 Lkw. Überdies stehen rund 1000 gepanzerte Fahrzeuge auf einstigen Stützpunkten der geschlagenen afghanischen Armee. Die verfügte auch über 170 Artilleriesysteme. Manches mag zerstört oder verschlissen sein. Doch zur Ersatzteilgewinnung taugen die Anlagen durchaus.
Von der einstigen Luftwaffe erbten die islamistischen Fundamentalisten auf elf Stützpunkten vier Hercules-Transporter, über 20 sogenannte Erdkämpfer des brasilianischen Flugzeugbauers Embraer zur Unterstützung von Bodentruppen sowie Schulflugzeuge. Hinzu kommen rund 100 Hubschrauber verschiedener Klassen. Und niemand sollte darauf hoffen, dass die Taliban mit dem modernen Gerät nicht umgehen können. Videos belegen, dass die Hubschrauber nicht ungenutzt am Boden bleiben. Denn viele vom Westen ausgebildete Militärs haben sich auf die Seite der Sieger geschlagen, statt Waffensysteme unbrauchbar zu machen.
Man muss davon ausgehen, dass demnächst zu dem in der Region üblichen ein weiter schwungvoller Handel einsetzt. Viele Kämpfer werden sich mit modernen Waffen eindecken und die alten billig hergeben. Und sei es, um Hunger und Armut für ihre Familien hinauszuschieben. Nach der Einstellung der westlichen Entwicklungshilfe braucht auch das Talibanregime dringend Dollars, Euros und Schweizer Franken. Nach potenten, global tätigen Waffenhändlern wird man nicht lange suchen müssen. Man kann davon ausgehen, dass vor allem Konfliktparteien in der arabischen Welt Nachschub erhalten. Ebenso dürften Terroristen aller Couleur an Waffen und Geräten interessiert sein.
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