Leider 30 Jahre zu spät

Claudia Krieg zum Verhältnis von Klima- und Arbeitsschutz

  • Claudia Krieg
  • Lesedauer: 2 Min.

Ich musste mir einen Moment die Augen reiben, als die junge Wissenschaftlerin das Buchcover bei ihrem Vortrag an die Leinwand projiziert. »Auto, Umwelt, Verkehr. Umsteuern, bevor es zu spät ist. Verkehrspolitische Konferenz der IG Metall und des Deutschen Naturschutzringes 1990« heißt die Publikation, die mich nicht nur daran erinnerte, welche Rolle Umweltschutz gerade in den frühen 1990er Jahren für viele junge Menschen - mich inklusive - spielte, sondern auch daran, wovon die Diskussionen verdrängt wurden. Der Globalisierungsschub der 1990er Jahre stellte Produktion und Handel derart auf den Kopf, dass sich die damit einhergehenden Umweltverbrechen gegenüber den sozialen Folgen und den Umwälzungen in der Lebenswelt von Arbeiter*innen im Osten wie im Westen zunächst wie Kollateralschäden ausnahmen. Umso heftiger kommt all dies mit dem schon damals prognostizierten Klimawandel drei Jahrzehnte später zurück.

Aber es ist interessant: Schon vor mehr als 30 Jahren ging es also nicht nur bei den Umweltverbänden angesichts von Waldsterben und saurem Regen, Atommüll und Luftverschmutzung um Alternativen, sondern bereits damals wollten Beschäftigte Batterien für Elektroautos produzieren und die giftigen Fertigungsweisen, die vielen schwere gesundheitliche Schäden zufügten, verändern. Der Kampf um die Arbeitsplätze hat solche Bemühungen an den Rand geschoben. Es bleibt zu hoffen, dass sie nun im Zuge der Transformation hin zu einer möglichst klimafreundlichen Produktion wieder an Kraft gewinnen. Dass sich soziale und ökologische Fragen nicht gegeneinander ausspielen lassen dürfen, sollte spätestens angesichts des Kohleausstiegs klar sein. Wenn Gewerkschafter*innen mit Klimaaktivist*innen sprechen, anstatt sie zu verteufeln, dann ist schon viel gewonnen.

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