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Erst die Natur schafft das Kunstwerk

Zyperns erstes Unterwassermuseum in Ayia Napa erfreut Taucher und Schnorchler mit Skulpturen, die von Korallen und Algen geprägt werden

  • Christiane Flechtner
  • Lesedauer: 4 Min.

Blau trifft Blau an diesem Tag. Das Weiß des Tauchbootes, das nur einige Hundert Meter weit aufs Mittelmeer hinausgefahren ist, bildet einen extremen Kontrast zu Meer und Himmel. Hier an der Wasseroberfläche kann niemand erahnen, was ein paar Meter tiefer im Laufe des letzten Jahres entstanden ist. Doch taucht man unter, breitet sich eine fantastische Welt vor den Tauchern aus.

Musan heißt das Unterwassermuseum auf Zypern, das am 31. Juli feierlich eröffnet wurde, eine Abkürzung für Museum of Underwater Sculpture Ayia Napa. Der Künstler Jason DeCaires Taylor hat eigens für diesen Ort 93 Skulpturen geschaffen und sie unweit der beliebten Küstenstadt Ayia Napa in acht bis zehn Metern Tiefe auf dem sandigen Meeresgrund platziert. Riesige Bäume, deren Blätter im klaren Wasser glitzern und funkeln und Skulpturen von Menschen in den verschiedensten Positionen warten am sandigen Meeresgrund auf Besucher.

Die Idee ist Taylor bereits in der Kunstschule und der Universität in London gekommen: »Schon damals interessierte es mich, Kunst in unterschiedlichen Umgebungen zu platzieren, um zu sehen, wie sich der Kontext der Umgebung durch die Skulpturen verändert. Ich habe dann in der Karibik gearbeitet - zu einer Zeit, in der ein Hurrikan viele Riffe komplett zerstörte. Da kam ich mit meinen Kunstinstallationen ins Spiel - mit dem Hintergrund, Korallen wieder anzusiedeln.« So hat er in den vergangenen 16 Jahren an den unterschiedlichsten Orten gearbeitet, Taylors Werke finden sich in der Karibik, im Pazifik in Australien, im Indischen Ozean und vor den Malediven, aber auch in Kaltwasser-Regionen wie Norwegen und England.

Das Museum im Süden Zyperns ist nach den Museen im mexikanischen Cancún, vor Lanzarote, im französischen Cannes und dem Coral Greenhouse im australischen John Brewer Reef das nunmehr 5. Unterwassermuseum des britischen Künstlers. Immer handelt es sich dabei um riesige Unterwasserinstallationen - Kunstwerke, die sich mit der Zeit in lebendige Ökosysteme verwandeln. Für ihn steht eben nicht die Kunst im Mittelpunkt, sondern das Meer und seine Bewohner: »Anstatt meine Spuren in der Umwelt zu hinterlassen, hinterlässt die Umwelt ihre Spuren an meiner Arbeit«, erklärt der 39-Jährige und fügt hinzu: »Die Natur selbst wird zum Künstler und meine Kunstwerke zum Lebensraum von Tieren und Pflanzen - das ist der Sinn dahinter.«

Der Standort an der Südküste Zyperns ist perfekt für ein solches Museum, denn die Meeresbewohner des Mittelmeeres haben sich in den vergangenen zwei Jahrzenten stark dezimiert - und zwar durch extreme Überfischung, aber auch die mittlerweile verbotene Dynamitfischerei hat großen Schaden angerichtet. Das Gebiet, in dem das Museum errichtet wird, war zuvor ein karger Sandstreifen innerhalb eines Meeresschutzgebiets. An diesem Ort bietet Musan nun als künstliches Riff Fischen, Krebsen und Pflanzen neuen Lebensraum. »Es wird eine Verbindung der Menschen zum Meer schaffen und sie dafür sensibilisieren, wie wichtig der Erhalt des Meeresökosystems ist«, erklärte Marina Argyrou, Direktorin der Abteilung für Fischerei und Meeresforschung über das eine Million Euro teure Unterwassermuseum.

Für Taucher bedeutet Musan ein weiteres Tauchhighlight neben dem berühmten Wrack der Zenobia. Darüber freuen sich auch die Tauchbasen: »Es ist ein toller Tauch-Spot auch für Anfänger, den sie sicherlich nicht vergessen, weil er wirklich einzigartig ist«, freut sich Conrad Johnson von der Basis Ocean View Diving in Ayia Napa.

In den Ritzen des porösen Betons können sich nach und nach Korallen und Pflanzen ansiedeln, Fische finden Verstecke in den Ästen der riesigen Kunstbäume. Und schon ist rings um die Meeres-Plastiken Leben eingekehrt: Kleine Unterwasserpflanzen überziehen die Betonfiguren, Trompetenfische sind zwischen den Stacheln der Beton-Bäume perfekt getarnt, und Schwärme von winzigen Jungfischen haben ihr Zuhause im Schutz künstlichen Zweige gefunden. »Der Wandel hat also schon begonnen, und Natur ist die Kunst selbst, von der wir ein Teil sind«, sagt Taylor.

Infos: www.visitcyprus.com

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