Absage an die Ware Wohnen

Nicolas Šustr über den Berliner Enteignungs-Volksentscheid

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 2 Min.

Das Votum war mehr als deutlich. Über 56 Prozent der Wählerinnen und Wähler haben sich am Sonntag beim Volksentscheid in Berlin für die Sozialisierung der Bestände renditeorientierter Wohnungskonzerne ausgesprochen. Sie haben sich nicht von der »Bauen, Bauen, Bauen«-Rhetorik der SPD-Bürgermeisterkandidatin Franziska Giffey, nicht von CDU, FDP und AfD einlullen lassen. Denn viele Menschen haben inzwischen begriffen, dass der Markt es bei vielen existenziellen Dingen mal so überhaupt nicht regelt. Von der Infrastruktur über das Gesundheitswesen eben bis zum Wohnen taugt die neoliberale Ideologie mit ihrem Schlanker-Staat-Getöse für den Großteil der Bevölkerung nicht mehr als Heilsversprechen.

Natürlich sind es die Mieterinnen und Mieter, die auf eine solidarische Gemeinschaft angewiesen sind, die sie schützt vor Verdrängung und Ausbeutung. Die Angst vor dem Verlust der Wohnung ist jedoch in den Metropolen bis weit in die Mittelschicht vorgedrungen. Das liegt zu einem eher geringeren Teil an dem Fehlen von Wohnraum in den Boomregionen. Die Gründe für den irren Mietauftrieb des letzten Jahrzehnts sind vor allem eine Folge des neoliberalen Schwenks von Rot-Grün unter Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) zum Finanzmarktkapitalismus: Wohnungen wurden zur leicht handelbaren Ware, zum Finanzprodukt, dass sich ankaufen und abstoßen lässt wie Aktien. Immer mehr Geld aus aller Welt fließt nicht nur ins Betongeld an der Spree.

Mit jedem weiteren Verkauf steigt der Renditedruck auf die Menschen. Sie wollen nicht mehr die Getriebenen in diesem Milliardenpoker sein. Nun treibt das Ergebnis des Volksentscheids die Politik nicht nur in Berlin. Es ist so eindeutig, dass es nicht einfach ignoriert werden kann, selbst von einer rechten SPD-Regentin.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal