Jähe Wendungen

  • Mike Mlynar
  • Lesedauer: 3 Min.

Um die real möglichen Farbkombinationen in einer künftigen Bundesregierung zu zählen, reichen die Finger einer Hand. Kaum zu erahnen indes, was sie danach zustande bringt. Final wird ihr das vom Wahlvolk erst beim nächsten Urnengang in vier Jahren vorgerechnet. So die jetzt zu bildende neue Regierung nicht schon vorher auf inneren und/oder äußeren Druck hin zurücktreten musste … Pardon! Es könnte sich auch bloß um vorgezogene Neuwahlen gehandelt haben.

Mit dieser kleinen Prognoseprovokation soll nicht etwa gezündelt, sondern nur auf einige häufig unterschätzte Kategorien hingewiesen werden. Nämlich auf solche, die im Fluss hiesigen politischen Lebens gar nicht vorzukommen scheinen, den tatsächlichen Gang der Dinge aber, über einen längeren Zeitraum betrachtet, ganz maßgeblich bestimmen. Gemeint sind Wahrscheinlichkeit, Erwartung und Zufall, Glück und Pech, Möglichkeit und Chance. Ein sehr bekannter DDR-Politiker hatte für all dies einstmals das Schlagwort von den »nicht auszuschließenden jähen Wendungen« geprägt. Die Wenigsten in der DDR dürften das ernst genommen haben; inwiefern er selbst, weiß man nicht. Dort floss damals äußerlich auch alles. Im Herbst 1989 hatte sich das Schlagwort dann bewahrheitet. Lebensfremd war es also nicht.

Die Mathematik beschäftigt sich übrigens intensiv und erfolgreich mit den oben genannten Kategorien. Aber sie hat sie sich auch längst so definiert, dass sie mit ihnen rechnen kann. Im echten Leben bleiben sie - meist sogar im doppelten Sinne - unberechenbar. Beispiel: Es ist unwahrscheinlich, dass die Partei Die Linke nach einem nächsten Regierungswechsel die Kanzlerin oder den Kanzler stellt. Was unwahrscheinlich ist, ist aber praktisch, so es die Partei weiterhin gibt, nicht unmöglich. Es sei denn, man schlösse die Kategorien Zufall und Glück aus. Dies indes - siehe oben - wäre echt lebensfremd. Da Stochastik hier nicht weiterhilft, trainieren wir nun aber erst einmal ganz kurz unseren geometrischen Scharfblick:

1. In die Mitte eines großen Zeichenblattes ist ein Quadrat mit einer Seitenlänge von 22 cm gezeichnet. Nun sollen vier kreisrunde, einander kongruente Papierscheiben so auf das Zeichenblatt gelegt werden, dass kein Punkt der Quadratfläche mehr sichtbar ist. Mit welchem kleinsten Scheibenradius ist das möglich?

2. Ein großer Würfel ist aus kleinen gleichen Würfeln zusammengesetzt, wobei in jeder Dimension vier kleine Würfel nebeneinander liegen. Der große Würfel wird nun angestrichen. Wie viel kleine Würfel sind farblos, wie viel haben eine, wie viel zwei und wie viel drei Farbflächen? Gibt es eine Lösung für einen großen angestrichenen Würfel mit n*n*n kleinen Würfeln?

Antworten an spielplatz@nd-online.de oder per Post (Kennwort »Denkspiel«) bis Mittwoch, 6. Oktober. Wir verlosen zwei Buchpreise separat für die richtigen Antworten. Einzeleinsendungen möglich.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal