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Lachgas: Warum ist der Rausch mit den Ballons gefährlich?

Der nd-Gelehrte Steffen Schmidt gibt über die Gefahren von Lachgas Auskunft

Die Hinterlassenschaften der letzten Feiernacht, darunter eine Lachgas-Flasche, werden in Frankfurt am Main entsorgt.
Die Hinterlassenschaften der letzten Feiernacht, darunter eine Lachgas-Flasche, werden in Frankfurt am Main entsorgt.

Die Bundesregierung will den Verkauf von Lachgas an Jugendliche verbieten. Was ist an dem Gas so gefährlich?

Wenn das Gas – chemisch Distickstoffoxid – aus den offiziell für Sahnesiphons bestimmten Kartuschen in Luftballons gefüllt und von dort eingeatmet wird, erzeugt es einen kurzen Rausch und macht fröhlich. Man kichert vor sich hin. Deswegen auch der Name: Lachgas. Doch es gibt auch Nebenwirkungen: Das Molekül stört das Vitamin B12. Dadurch können bei längerem Gebrauch Nervenzellen beschädigt werden, es kann sogar zu Lähmungen kommen. Außerdem kann man bei der Anwendung aus den Latschen kippen, was wiederum Verletzungen zur Folge haben kann.

Auf die Leber wie Alkohol schlägt das Lachgas nicht?

Nein, Lachgas ist im eigentlichen Sinne kein Gift, es wird zum großen Teil einfach wieder ausgeatmet. In der Luft wiederum ist es ein sehr wirksames Treibhausgas. Allerdings dürfte die Treibhauswirkung der Lachgasschnüffler keine echte Konkurrenz zur Hauptquelle des Gases in der Atmosphäre sein: der bakteriellen Zersetzung von Stickstoffverbindungen wie Düngemitteln im Boden.

Wie wirkt Lachgas im Körper?

Das Molekül kann bestimmte Übergänge im Nervensystem blockieren, die für die Schmerzweiterleitung relevant sind. Es wirkt somit wie andere Rauschgifte auch, die zum großen Teil ebenfalls aus der Schmerztherapie stammen, Morphium und Fentanyl zum Beispiel oder deren Ausgangsstoff Opium. Kokain begann seine Karriere auch als Mittel zur örtlichen Betäubung. Das ist allerdings anders als Morphium weitgehend aus der medizinischen Anwendung verschwunden.

Ursprünglich kommt Lachgas also aus der Medizin?

Richtig. Im 18. Jahrhundert hat ein englischer Chemiker das Gas entdeckt und kurz danach festgestellt, dass es schmerzlindernd wirkt. Ein Jahrhundert später hat dann ein amerikanischer Zahnarzt angefangen, seine Patienten beim Zähneziehen damit so zu benebeln, dass es nicht so wehtut. Nach anfänglichem Widerstand namhafter Chirurgen wurde es lange bei Operationen zur Narkose eingesetzt. Zumal es bei korrekter Anwendung weniger unerwünschte Nebenwirkungen hat als zuvor vielfach verwendete Substanzen wie Äther oder Chloroform. Noch immer steht Lachgas deshalb in der WHO-Liste der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel.

Für Vollnarkosen?

Lachgas ist nicht das optimale Mittel, um richtig wegzutreten. Es wirkt relativ schnell; aber eben auch recht kurz. Der Unterschied bei der Anwendung in der Medizin zu der Benutzung bei den Jugendlichen ist, dass bei ersterem das Gas mit reinem Sauerstoff zusammen eingesetzt wird. Und das ist nicht ganz unwichtig, weil wenn du dir Lachgas pur in die Lunge ziehst, dann verdrängt das den Sauerstoff in der Lunge. Folgerichtig bleibt dir bei wiederholter Inhalation buchstäblich die Luft weg.

Weil du Morphium und Fentanyl angesprochen hast – macht auch das Lachgas abhängig?

Meines Wissens nicht. Zumindest keine körperliche Abhängigkeit.

Sagen wir, ich ziehe mir eine Woche lang jeden Tag fünf Ballons rein. Am achten Tag geht dann mein Alltag normal ohne Lachgas weiter?

Das scheint kein Problem zu sein.

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