Positives Feedback aus Peking

Trotz neuer US-Handelsstrategie schließt die Biden-Regierung weitere Strafzölle nicht aus

  • Fabian Kretschmer, Peking und Haidy Damm
  • Lesedauer: 4 Min.

Da der geopolitische Konflikt zwischen den USA und China das Weltgeschehen in den nächsten Jahren dominieren wird, sollte man jedes Signal ganz besonders unter die Lupe nehmen. Und zur Überraschung der meisten Beobachter fallen die jüngsten Reaktionen aus Peking durchaus positiv aus.

Als die US-Handelsbeauftragte Katherine Tai am Montag ihre neuen Pläne vorstellte, veröffentlichte die »Global Times« einen ausführlichen Artikel, in dem sie Zuversicht für »freimütige Gespräche« zwischen den zwei Weltmächten äußerte. Das ist insofern von Bedeutung, als dass die »Global Times« ganz offiziell der Kommunistischen Partei gehört - die zwar nicht immer, aber doch regelmäßig von der Regierung in Peking als indirektes Sprachrohr verwendet wird.

Ein Experte der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften sagte dem Blatt nun, dass den USA womöglich klar geworden sei, sie müssten die bilateralen Spannungen auf pragmatischere Weise lösen. Zudem würden die Strafzölle nicht die erwünschten Effekte erzielen.

»Interessanterweise kann die Rezeption von Katherine Tais Rede in den chinesischen Medien meiner Meinung nach als leicht positiv bezeichnet werden«, schreibt auch Zichen Wenig von der Nachrichtenagentur Xinhua auf seinem persönlichen Twitter-Account.

Euphorie ist in dem Konflikt zwischen den zwei größten Volkswirtschaften der Welt fehl am Platz. Doch zumindest lässt sich beobachten, dass beide Seiten sich um einen sachlichen Ton bemühen und nicht weiter eskalieren möchten.

Mittelfristig sind die Fronten freilich festgefahren: Die chinesische Regierung behauptet, dass Washington lediglich Vorwände sucht, um den wirtschaftlichen Aufstieg Chinas zu verhindern. Die USA hingegen werfen der Volksrepublik Menschenrechtsverbrechen, unfaire Geschäftspraktiken und Diebstahl geistigen Eigentums vor.

US-Präsident Joe Biden räumt China eine herausgehobene Stellung in der Außenpolitik ein: Biden betrachtet China als mächtigsten Konkurrenten und geopolitische Herausforderung Nummer eins. Die Handelsvereinbarung mit China und die Strafzölle gegen Peking hatte der Demokrat nach seinem Amtsantritt zunächst nicht angetastet, sondern eine umfangreiche Überprüfung der Handelspolitik gegenüber China angeordnet. Diese ist nun abgeschlossen.

Bidens Regierung will nach eigenen Angaben zwar insgesamt einen harten Kurs gegenüber Peking beibehalten, aber differenzierter und abgestimmter vorgehen als dies unter seinem Vorgänger Donald Trump der Fall gewesen war. Dessen Ansatz sei teils chaotisch und unberechenbar gewesen und habe Teilen der US-Wirtschaft geschadet, kritisierten ranghohe Beamte der US-Regierung vor Tais Rede.

Der Handelskrieg hatte sich zwar bereits unter Barack Obama abgezeichnet, doch begann er offiziell erst im Juni 2018 mit Donald Trumps Strafzöllen auf Einfuhren aus China. Er wollte das Handelsdefizit mit China senken und warf Peking unfaire Handelsmethoden vor. Der Konflikt schaukelte sich hoch, bis Trump ein Jahr später Strafzölle auf fast alle Importe aus China im Wert von mehr als 500 Milliarden US-Dollar verhängt hatte. Peking reagierte daraufhin ebenfalls mit neuen Zöllen. Nun kommt es unter Biden zu einem Prozess der Entspannung. US-Firmen sollen künftig in bestimmten Fällen beantragen können, von Strafzöllen auf Einfuhren aus China befreit zu werden.

Der nächste große Streitfall steht allerdings bereits für Ende des Jahres an: Anfang 2020 versprach China, dass es bis Ende 2021 US-Waren in Höhe von 200 Milliarden Dollar kaufen würde, vor allem Öl und Gas, Industriegüter und Agrarprodukte. Das sogenannte Phase-Eins-Abkommen galt gemeinhin als Waffenstillstand im Handelskonflikt. Doch laut Medienberichten hinkt Peking bei den angekündigten Einfuhren deutlich hinterher.

China habe nur Teile des Abkommens eingehalten, sagte Tai. Dies wolle sie in ihren Gesprächen mit ihren chinesischen Kollegen offen ansprechen. Insgesamt betonte sie, das Abkommen befasse sich nur mit einigen Aspekten der Handelsbeziehung und habe »die Bedenken, die wir angesichts von Chinas Handelspraktiken und deren schädlichen Auswirkungen für die US-Wirtschaft haben, nicht ausgeräumt«. Chinas Regierung unterstütze weiterhin bestimmte Wirtschaftszweige mit Milliardensubventionen und verzerre damit den internationalen Wettbewerb. Tai ließ dabei offen, ob die USA auch formell die in dem Handelsabkommen vorgesehenen Mechanismen zur Durchsetzung der Vorgaben einsetzen wollen. Mit Agenturen

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