Armutsrisiko von Mietern steigt

Gefährdungsquote lag im Jahr 2019 bei rund 25 Prozent. Probleme dürften sich noch verschärft haben

Jedem vierten Mieterhaushalt in Deutschland droht die Armut. Im Jahr 2019 galten 25,3 Prozent aller Mieterhaushalte als armutsgefährdet. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor, die dem »nd« vorliegt. Bei denjenigen Menschen, die in ihrem Wohneigentum leben, sind hingegen lediglich 12,5 Prozent armutsgefährdet. Wer zur Miete wohnt, ist also rund doppelt so häufig betroffen.

Als von Armut gefährdet gelten Menschen, die über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verfügen. Unabhängig vom Wohnstatus trifft dies in Deutschland auf 18,5 Prozent zu. Verglichen mit den letzten Jahren sind damit so viele Menschen armutsgefährdet wie seit 15 Jahren nicht mehr. Beispielsweise lag die Armutsgefährdungsquote von Mieterinnen und Mietern im Jahr 2017 noch bei 24,6 Prozent und hat sich demnach innerhalb von zwei Jahren um knapp einen Prozentpunkt erhöht. Aber auch die Quote der von Armut bedrohten Immobilieneigentümer ist angestiegen. Zwischen 2017 und 2019 sogar um vier Prozentpunkte.

»Jeder Fünfte in Deutschland ist mittlerweile armutsgefährdet, bei den Mieterinnen und Mietern ist es sogar jeder Vierte«, fasste Susanne Ferschl, stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, die Zahlen zusammen. »Während die Löhne stagnieren oder pandemiebedingt sogar gesunken sind, steigen die Mieten unaufhörlich. So geht ein immer größerer Teil des Einkommens für die Miete drauf«, erklärte Ferschl.
Bisher stammen die aktuellsten Zahlen der Armutsgefährdung von Mieterinnen und Mietern und Wohnungsbesitzenden noch aus dem Jahr 2019. Die Auswirkungen der Coronakrise sind also noch gar nicht berücksichtigt. Inzwischen dürfte sich die Armutsgefährdung sowohl bei Mietenden wie auch bei Immobilieneigentümern also weiter erhöht haben.

In ihrer Antwort schreibt die Regierung, dass ein entsprechender Unterschied zwischen Mieter- und Wohneigentümerhaushalten »in nahezu allen anderen EU-Mitgliedsstaaten zu beobachten« sei. Jedoch ist die sogenannte Wohneigentumsquote in Deutschland im europäischen Vergleich sehr gering. Diese liegt beispielsweise in Rumänien, das Spitzenreiter dieser Statistik ist, bei rund 96 Prozent, in Spanien bei rund 76, in Finnland bei etwa 71 und in Frankreich bei immerhin etwa 65 Prozent. Deutschland belegt mit 51,1 Prozent den vorletzten Platz vor der Schweiz.

»Die Menschen brauchen bezahlbaren Wohnraum und Löhne, von denen sie leben können«, forderte Ferschl mit Blick auf die hohe Armutsgefährdungsquote von Miethaushalten. Nur mit einem bundesweiten Mietendeckel und einer flächendeckenden tariflichen Bezahlung könne aus ihrer Sicht die Spirale der Armut noch gestoppt werden.

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