Harte Linie gegen Verweigerer

In mehreren Bundesstaaten Australiens gibt es eine Covid-Impfpflicht für medizinisches Personal. Zwangsbeurlaubte verursachen regional erste Engpässe

  • Thomas Berger
  • Lesedauer: 4 Min.

In Australien sind zwei Drittel der Bevölkerung vollständig gegen Covid-19 geimpft. Der fünfte Kontinent hat lange einen harten Kurs in der Pandemiebekämpfung gefahren, der angesichts der infektiöseren Delta-Variante aber nicht mehr zu halten war. Die Inzidenz beträgt aktuell zwar nur rund 40, dies ist aber ein Höchststand. Einige Bundesstaaten haben eine Impfpflicht für medizinisches Personal beschlossen: für Ärzt*innen und Pflegekräfte, die unter besseren Bedingungen arbeiten als in Deutschland.

An die Impfpflicht halten sich nicht alle: SA Health, die Gesundheitsbehörde des Bundesstaates Südaustraliens, teilte jetzt mit: 391 Mitarbeiter*innen von Krankenhäusern verweigern die Impfung gegen Covid-19. Damit nehmen sie in Kauf, vorerst nicht mehr an ihrem Arbeitsplatz erscheinen zu dürfen. Zwei Drittel sind in der Regionalhauptstadt Adelaide beschäftigt; am stärksten ist das Stadtzentrum betroffen. Das dortige medizinische Netzwerk, zu dem die Krankenhäuser Royal Adelaide und Queen Elisabeth gehören, verzeichnet laut der Übersicht 107 Angestellte, die sich nicht impfen lassen wollen. Sogar 125 sind es im Women’s and Children’s Hospital. Lindsay Gough, die Geschäftsführerin der Frauen- und Kinderklinik, sagte gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Sender ABC, einige seien aber gerade in Mutterschutz und somit nicht im aktiven Dienst.

Da sich die Impfverweigerer über die gesamte Bandbreite der Abteilungen verteilten, gebe es in Südaustraliens Krankenhäusern wegen der Suspendierungen noch keine schwerwiegenden Probleme, heißt es. Beschränkungen des Versorgungsangebotes in bestimmten Bereichen seien derzeit nicht zu befürchten.

Doch es gibt andere Gebiete, wo diese schon auftreten. Zu den Bundesstaaten, welche die Corona-Impfung für medizinisches Personal zur Pflicht erhoben haben, gehört auch Queensland im Nordosten Australiens. Dort ist die Widerstandsfront um einiges größer. Allein beim Central Queensland Hospital and Health Service (CQHHS) sind laut offiziellen Angaben mehr als acht Prozent der Belegschaft betroffen. Von 4620 Mitarbeiter*innen hätten 385 bei der Überprüfung nicht nachweisen können, dass sie doppelt geimpft seien, wie aus Daten hervorgeht, die ABC beim Gesundheitsdienst Queensland Health erfragt hat. Die Behörden wiederum zeigen sich unnachgiebig: John Wakefield, der Generaldirektor des Gesundheitsdienstes, hat noch einmal unterstrichen, dass es nicht geimpften Menschen untersagt sei, in medizinischen Einrichtungen Dienst zu tun. Das habe man auch jenen 136 Beschäftigten klargemacht, die versucht hätten, eine Ausnahmeregelung für sich zu erwirken.

Im gesamten Bundesstaat lassen sich 3,5 Prozent der 108 000 Beschäftigten lieber suspendieren als impfen - das ist den Aussagen zufolge halbwegs verschmerzbar. Doch in einigen Gegenden wie dem Einzugsgebiet des CQHHS sind die Ausfälle größer. Hier müsse man zumindest vorübergehend einige Betten in der Chirurgie und anderen Bereichen stilllegen, erklärte Kerrie-Anne Frakes, die Gesundheitsmanagerin von Rockhampton. Auch in der Notaufnahme und auf den Geburtsstationen von Australiens »Rinderhauptstadt« könne es zu Engpässen kommen.

Dabei ist Rockhampton noch nicht einmal der größte Problemfall. In der Südwest-Region Queenslands machen die beurlaubten Impfverweigerer mehr als zehn Prozent des Klinikpersonals aus. Peter Aitken, Vizechef der Gesundheitsbehörde, erklärte, man sei weiter dabei, mit den Ungeimpften zu reden. Zumindest in dieser Woche sollen noch alle die volle Lohnzahlung erhalten, auch wenn sie nicht zur Arbeit erscheinen dürfen.

Auf der Insel Tasmanien hat Impfgegner David Dunn, Chirurg am Royal Hobart Hospital in der gleichnamigen Staatenhauptstadt, die Gerichte bemüht. Er sieht die Impfpflicht für sich und seine Kolleg*innen als »kriminellen Akt«. Die Hauptverhandlung in der Sache steht zwar noch aus, den Eilantrag vor dem Supreme Court lehnte Chefrichter Alan Blow aber bereits ab - er sieht wenig Aussicht, dass der Kläger mit seinem Anliegen durchkommt, die Regierungsanordnung auf dem Rechtsweg zu kippen.

Die Vertreter der Beschäftigten sind in dieser Sache uneins: Der Berufsverband Australian Medical Association spricht sich für die Impfpflicht in allen Regionen aus, die Gewerkschaft der Sanitäter im Bundesstaat Victoria hingegen ist strikt dagegen.

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