Das »Seniorenauto« gibt es nicht, aber was sollte bei der Modellauswahl beachtet werden?

altersgerechte fahrzeuge

  • Lesedauer: 3 Min.

Um sich und andere Verkehrsteilnehmer nicht zu gefährden, sollte das ausgewählte Fahrzeug so gut wie möglich auf die Belange und die möglichen Leistungseinbußen der Altersgruppe 65+ zugeschnitten sein.

Gute Sicht und einfache Bedienung

»In puncto Sicherheit spielen die direkte und indirekte Sicht, Fahrerassistenzsysteme sowie die Elemente der passiven Sicherheit eine wesentliche Rolle«, sagt DEKRA-Unfallforscher Markus Egelhaaf. Das beginnt bei der direkten Sicht vom Fahrerplatz aus. Je weniger die Sicht durch breite Säulen oder zu kleine Fenster eingeschränkt wird, desto weniger fallen körperliche Einschränkungen im Bereich des Oberkörpers und der Halswirbelsäule oder ein verkleinertes Gesichtsfeld ins Gewicht.

Insbesondere die Windschutzscheibe habe eine Vielzahl an Kriterien zu erfüllen. So müsse zum Beispiel das durch die Scheibenwischer abgedeckte Wischfeld so gestaltet sein, dass bei Regen oder insbesondere auch Schneefall keine nennenswerten »Verbreiterungen« der A-Säulen entstehen. Ein guter Blick auf Ampeln muss durch die Anordnung des Sitzes zur Windschutzscheibe und vor allem die Positionierung des Innenspiegels sowie der oftmals in diesem Bereich verbauten Sensorik oder Kamerasysteme möglich sein - ohne größere Verrenkungen.

Große und wenig verzerrende Rückspiegel ermöglichen eine schnellere Erfassung des rückwärtigen Verkehrs und tragen dazu bei, Unzulänglichkeiten beim Schulterblick zu kompensieren.

Wichtig: Möglichst wenig Ablenkung

Auch ein aufgeräumtes Cockpit und gut ablesbare Instrumente sowie eine übersichtliche Benutzeroberfläche tragen wesentlich zur Entlastung des Fahrers bei und sorgen für Sicherheit. Displays und Anzeigeelemente sollten bei jedem Beleuchtungszustand kontrastreich gestaltet sein. Zahlen und andere Zeichen oder Symbole müssen groß genug und auch bei nur kurzer Blickzuwendung gut erkennbar sein.

Während der Fahrt genutzte wesentliche Funktionen wie die Steuerung von Licht und Scheibenwischern, die Einstellung von Heizung und Lüftung oder die Regelung des Radios müssen ohne Blickzuwendung einfach bedient werden können.

Was die Auswahl von Fahrerassistenzsystemen anbelangt, weisen vor allem solche ein besonders für Senioren hohes Nutzenpotenzial auf, die in komplexen und anspruchsvollen Verkehrssituationen unterstützen. Dazu gehören etwa Kreuzungsassistent, Totwinkel- bzw. Spurwechselassistent, Nachtsichtsystem oder Notbremsassistent.

Ein Verkehrszeichenassistent, der kamerabasiert die zulässige Höchstgeschwindigkeit erkennt und auf der Armaturentafel anzeigt, kann ein zusätzliches Gefühl der Sicherheit verleihen. Auch Rückfahrkamera und Einparkhilfen können Stresssituationen mindern und so zu mehr Sicherheit beitragen.

Gerade bei Dämmerung und Dunkelheit erweisen sich intelligente Lichtsysteme oder Fernlichtassistenten als wichtige Helfer gegen das im Alter zunehmend nachlassende Dämmerungs- und Dunkelheitssehvermögen.

Bei Navigationssystemen sind klare akustische und optische Anweisungen die Kriterien, auf die es ankommt. Auch E-Call-Systeme, am besten mit zusätzlicher Service-Ruf-Funktionalität, können zu einem sichereren Gefühl beitragen und in Unfall- oder Pannensituationen Stress reduzieren.

Mit oder ohne Automatikgetriebe?

Für Senioren stellt sich auch die Frage, ob sie sich für ein Fahrzeug mit Automatikgetriebe entscheiden. 2020 lag der Anteil bei 55 Prozent, 2010 waren es nur 28 Prozent. Für die Zukunft ist davon auszugehen, dass die manuelle Schaltung weiter an Bedeutung verlieren wird - auch deshalb, weil manche Assistenzsysteme nur im Zusammenspiel mit Automatikgetrieben funktionieren und auch ein elektrischer Antrieb keine Gangschaltung benötigt.

Aber sind Fahrzeuge mit Automatikgetriebe unsicherer, weil sie sich bei laufendem Motor, sofern das Bremspedal nicht gedrückt wird, ständig bewegen oder die Gefahr einer ungewollten Beschleunigung größer ist? Um solche Bedienungsfehler und mögliche Panikreaktionen zu vermeiden, sollten sich Senioren vor dem Kauf eines Automatikwagens im Idealfall von Fahrlehrern die Besonderheiten eines solchen Getriebes zeigen lassen oder im Rahmen von Fahrtrainings die Beherrschung von Grenzsituationen einüben.

Zu empfehlen ist, den Umstieg auf die Automatik möglichst rechtzeitig anzugehen, um so die nötige Routine zu einer Zeit zu erlangen, in der das Leistungsvermögen noch ohne altersbedingte Einbußen da ist. DEKRA/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal