Delta-Ableger mit neuer Finte

Virologen beobachten eine neue Mutante von Sars-CoV-2. Sie ist etwas infektiöser

»Variant under investigation« - die britische Gesundheitssicherheitsbehörde sorgte Ende Oktober in der Fachwelt mit einer Publikation für Aufsehen. Unter Beobachtung stehen auf der Insel, wo Covid-19-Proben nach wie vor besonders genau sequenziert werden, zwar zahlreiche Mutanten des Coronavirus Sars-CoV-2. Eine von diesen erobert nun aber größere Anteile am Infektionsgeschehen. Bezeichnung gemäß der Pango-Abstammungslinie: »AY.4.2«. Ihr Anteil an den Ansteckungen wird in Großbritannien aktuell auf 11,8 Prozent beziffert.

AY.4.2 ist eine Weiterentwicklung der seit Monaten in Europa vorherrschenden Delta-Variante. Sie ist durch genetische Mutationen an zwei Positionen des Spike-Proteins gekennzeichnet, mit dem das Virus an den Körperzellen andockt. Vor allem die Mutation Y1445H soll es in sich haben, denn sie findet sich in dem Teil des Spike-Proteins, der von Antikörpern erkannt und attackiert wird. Macht dies das Virus also erfolgreicher beim Austricksen der Immunantwort nach Impfung oder Infektion?

Die britische Behörde jedenfalls geht davon aus: Die »secondary attack rate« - also die Wahrscheinlichkeit der Weitergabe im Privathaushalt - beträgt bei AY.4.2 demnach 12,4 Prozent, bei Delta sind es 11,1 Prozent. Demnach wäre die Mutante um etwa ein Zehntel infektiöser. Bei Kontakten jenseits der eigenen vier Wände ist der Unterschied, so die Experten, aber »nicht signifikant«.

Virologen bekommen mit Blick auf AY.4.2 bisher keine schlaflosen Nächte. Auch die Weltgesundheitsorganisation bezeichnet sie bisher nicht als »besorgniserregend«. Dass sich Viren weiterentwickeln, ist trivial und erst mal kein Grund zur Besorgnis.

Delta ist rund 40 Prozent infektiöser als die vorher dominierende Alpha-Variante. Und die war ebenfalls 40 Prozent ansteckender als die vorherige norditalienische Variante, die den Wildtyp aus Wuhan vermutlich auch um Längen schlug. Ob die nur etwas gewieftere Mutante AY.4.2 ähnlich dominierend wird, ist daher ungewiss. Das Robert Koch-Institut beziffert den Anteil hierzulande aktuell auf ein Prozent. Allerdings wurde AY.4.2 bereits in etwa 40 Ländern nachgewiesen.

Wie auch immer der Wettlauf zwischen Delta und der neuen Mutante ausgehen mag - man könnte es mit Blick auf den nur zehnprozentigen Anstieg der Infektiosität auch optimistisch sehen: Hat Sars-CoV-2 bei der Herausbildung immer fieserer Varianten sein Pulver mittlerweile fast verschossen?

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