Mit einem Musterbeschluss die Fallstricke vermeiden

Teilnahme an der Eigentümerversammlung per online

  • Lesedauer: 3 Min.

Das neue Wohnungseigentumsgesetz, das seit dem 1. Dezember 2020 in Kraft ist, ermöglicht unter bestimmten Voraussetzungen Wohnungseigentümern, per online an ihren Eigentümerversammlungen teilzunehmen. Laut einer Umfrage des Verbraucherschutzverbands Wohnen im Eigentum (WiE) würden 78 Prozent der befragten Wohnungseigentümer diese Möglichkeit auch nutzen.

Allerdings müssen Wohnungseigentümergemeinschaften die Online-Teilnahme erst beschließen - und in dem Beschluss mindestens festlegen, welche technischen Kommunikationsmittel die Eigentümer nutzen und welche Rechte sie online ausüben dürfen.

Physische Teilnahme stets ermöglich

Nicht nur während der Corona-Pandemie kann die Möglichkeit, sich online zu versammeln, eine attraktive Alternative darstellen - insbesondere für vermietende Eigentümer, die weiter entfernt vom Ort der Wohnanlage wohnen, oder für Eigentümer, die beruflich viel unterwegs sind.

Reine Online-Versammlungen der Eigentümer erlaubt das neue Wohnungseigentumsgesetz allerdings nicht. Das heißt: Auch weiterhin müssen Eigentümerversammlungen stets Präsenzversammlungen sein, an denen die Eigentümer physisch teilnehmen können. Eigentümer können sich aber online zuschalten (hybride Eigentümerversammlung), wenn die WEG dies beschlossen hat. Hierfür reicht die einfache Mehrheit der Stimmen.

In dem Beschluss müssen WEGs mindestens regeln, welche Kommunikationsmittel online genutzt werden dürfen (z. B. Video- und Audiokonferenz, reiner Text-Chat, Telefonie) und welche Rechte die Eigentümer damit ausüben dürfen (z. B. nur Rederecht, nur Stimmrecht). Sind diese Punkte nicht enthalten, besteht das Risiko, dass der Beschluss wegen Unbestimmtheit von Miteigentümern angefochten werden oder sogar nichtig sein kann.

Umgang mit technischen Störungen

Außerdem ist es ratsam festzulegen, wie mit technischen Störungen bzw. Übertragungsfehlern, deren Ursachen im Telekommunikationsnetz außerhalb des Versammlungsraums liegen oder die auf Fehlfunktionen der Endgeräte der Eigentümer beruhen, umgegangen wird. »Der Beschluss sollte den einzelnen Eigentümern die Möglichkeit geben, kurzfristig eine Vollmacht zu erteilen - für den Fall, dass sie eine schlechte Internetverbindung haben und nicht an Abstimmungen teilnehmen können«, empfiehlt WiE.

Um den Beschluss zur Online-Teilnahme gut vorbereiten zu können, sollten der Verwaltungsbeirat und die Verwaltung am besten gemeinsam im Vorfeld prüfen, welche technischen Möglichkeiten es gibt, welche die WEG nutzen möchte (inklusive der Auswahl eines Anbieters) und wie die hybride Versammlung - und insbesondere Abstimmungen - organisiert werden sollen. Seinen Mitgliedern stellt WiE kostenlos einen Musterbeschluss für die Online-Teilnahme zur Verfügung.

Transparente Zusatzkosten

Was Wohnungseigentümer in dem Zusammenhang auch wissen sollten: Für die Organisation und Durchführung einer hybriden Eigentümerversammlung können Verwalter WEGs in der Regel den entstehenden Mehraufwand - also Kosten, die zum Beispiel für die Anmietung eines Projektors oder für die Beauftragung eines Moderators für die konkrete Versammlung anfallen - in Form einer Sondervergütung in Rechnung stellen, wenn der Verwaltervertrag Sondervergütungen zulässt.

Wichtig ist, dass Wohnungseigentümer dann genau hinsehen und den Verwalter auffordern, darzulegen wie sich diese zusätzlichen Kosten denn konkret zusammensetzen. Regelmäßig anfallende Lizenzgebühren für eine Software, die die Verwalter auch für die Online-Versammlungen anderer WEGs nutzen können, sollten Wohnungseigentümer nicht akzeptieren. Das gilt für die Anschaffung von Arbeitsgeräten wie Laptops. Auch von der Vereinbarung allgemeiner Pauschalen für die Online-Teilnahme im Verwaltervertrag rät WiE nachdrücklich ab. WiE/nd

Die Online-Teilnahme an der Versammlung ist auch Thema im neuen WiE-Ratgeber »Das neue Wohnungseigentumsgesetz für Wohnungseigentümer*innen. XY aufgelöst: Ein Verbraucherratgeber mit Fallbeispielen aus der Krimiwelt« von Gabriele Heinrich und Sabine Feuersänger. Preis: 34,90 Euro im WiE-Shop inkl. MwSt,. Der Ratgeber ist über den Web-Shop von WiE oder über den Buchhandel erhältlich.

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