Frieden mit Garnisonkirche

Kompromiss beinhaltet Erhalt des Rechenzentrums und ein Haus der Demokratie

Der im Wiederaufbau befindliche Turm der Potsdamer Garnisonkirche und das von Abriss bedrohte Rechenzentrum stehen nebeneinander. Besser gesagt: Sie stehen sich, was ihre Geschichte, ihre Architektur und ihre mögliche Nutzung in der Zukunft betrifft, unvereinbar gegenüber. Aber nun melden die Stadt Potsdam, die Stiftung Garnisonkirche und auch das Rechenzentrum eine Kompromisslösung. Es könnte der Durchbruch für ein Miteinander sein, das aus nachvollziehbaren Gründen so lange unmöglich schien.

Kern des Kompromisses ist die Idee, beide Gebäude durch ein drittes Gebäude zu verbinden - ein von der Stadt bespieltes »Haus der Demokratie«, das sich in seiner Gestaltung sowohl von der barock anmutenden Garnisonkirche als auch von dem im Stil der DDR-Moderne errichteten Rechenzentrum abhebt.

Die drei Seiten haben den Plan am Mittwoch vorgestellt. Für das »Haus der Demokratie« ist eine ökologische Bauweise im Gespräch. Fotos in einem Nutzungskonzept zeigen am Beispiel einer Außenansicht des Gemeindezentrums Troisdorf und einer Innenansicht der Immanuelkirche Köln, wie das aussehen könnte. Holzoptik und große Glasfronten bestimmen diese Bilder.

Die 1730 bis 1735 errichtete Garnisonkirche brannte bei einem Bombenangriff im April 1945 aus. Die Ruine wurde 1968 auf Geheiß von oben gesprengt, obwohl SED-Oberbürgermeisterin Brunhilde Hanke den Turm sanieren und dort eine Ausstellung über Karl Liebknechts Sieg im hiesigen Kaiserwahlkreis bei der Reichstagswahl 1912 unterbringen wollte. Umstritten ist der seit 2017 laufende Wiederaufbau nicht zuletzt deshalb, weil die Kirche am 21. März 1933 Schauplatz eines denkwürdigen Händedrucks zwischen Adolf Hitler und Reichspräsident Paul von Hindenburg gewesen ist. Der Moment steht für die unheilige Allianz von Faschisten und preußischen Militaristen. Der ehemalige Kronprinz Wilhelm von Preußen war an dem Tag übrigens mit der Fellmütze seiner alten Husarenuniform zugegen.

Von dem 1969 bis 1971 erbauten Rechenzentrum steht nur noch der würfelförmige Verwaltungstrakt mit dem denkmalgeschützten Mosaik »Der Mensch bezwingt den Kosmos«. Hier hat sich ein beliebtes Kunst- und Kreativhaus mit Ateliers etabliert. Geplant war nur eine Zwischennutzung, bis nach dem Turm der Garnisonkirche auch das Kirchenschiff wiederaufgebaut wird, was aber auch eine Geldfrage ist. Diesem Kirchenschiff hätte das Kreativhaus im Wege gestanden.

Die jetzt vorgestellte Lösung bedeutet einen Verzicht auf das Kirchenschiff und den weitgehenden Erhalt des Rechenzentrums, dessen möglicher Verlust von großen Teilen der Stadtgesellschaft bedauert worden wäre. Die Gremien müssen die Kompromisslösung allerdings noch absegnen. Im Hauptausschuss des Stadtparlaments stand das Projekt am Mittwochabend schon mal auf der Tagesordnung. Im geplanten »Haus der Demokratie« soll übrigens auch ein neuer Plenarsaal für die Stadtverordnetenversammlung entstehen. Der Kompromiss wäre ohne das Mitwirken aller Seiten nicht möglich gewesen, erklärte Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD). Das Stadtparlament solle im Januar die Grundsatzentscheidung treffen.

Altbischof Wolfgang Huber meinte, das Konzept sei ein inhaltlich überzeugender Vorschlag. »Das ist das A und O«, sagte er als Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung Garnisonkirche. Und weiter: »Wir gehen diesen Weg aus Überzeugung.«

Linksfraktionschef Stefan Wollenberg begrüßte den Vorschlag, der den Erhalt des Rechenzentrums ermögliche. »Inhalte, Gestaltung, Finanzierung - all diese Fragen werden wir nun in unserer Fraktion und den Gremien miteinander beraten«, kündigte Wollenberg an. »Persönlich kann ich mir aber sehr gut vorstellen, dass wir diesen Weg gehen«, verriet Wollenberg schon. Mit epd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal