Professoren distanzieren sich von Weber

Früherer AfD-Abgeordneter bezeichnete Ministerpräsidentin Schwesig als »Oberlandesdiktatorin«

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Wie schon im Schweriner Parlament, so sorgt der umstrittene Jura-Professor Ralph Weber (61) auch nach seiner Zeit als Landtagsabgeordneter und nach seinem Austritt aus der AfD für Aufregung und Ärger im Nordosten. So hatte er unlängst in Wolgast auf einer Demonstration gegen Maßnahmen zum Schutz vor der Corona-Pandemie Mecklenburg-Vorpommers Regierungschefin Manuela Schwesig (SPD) als »Oberlandesdiktatorin« betitelt. Diese Entgleisung verärgerte 186 Professorinnen und Professoren der Greifswalder Universität, an der Weber lehrt. Sie entschlossen sich zu einem offenen Brief, in dem sie sich von dem Kollegen distanzieren.

Die Verfasser des Schreibens beziehen sich darin auf einen Zeitungsbericht, nach dem Ralph Weber sowohl die Ministerpräsidentin diffamiert als auch offen zum Rechtsbruch gegen die geltende Corona-Verordnung aufgerufen habe. Diese Maßnahmen dienten dem Schutz aller Bürgerinnen und Bürger und beruhten auf fundiertem wissenschaftlichen Rat, geben die Hochschullehrerinnen und -lehrer zu bedenken. Wer die Regeln für rechtswidrig halte, könne die Gerichte anrufen. Demokratisch gesinnt zu sein, heiße, dass man die von demokratisch legitimierten Institutionen verabschiedeten Vorschriften befolge, selbst wenn man sie im Einzelnen für falsch halte.

»Wir distanzieren uns ausdrücklich davon, dass jemand aus unserer Mitte gegen die freiheitlich-demokratische Ordnung agitiert«, schreiben Webers Kolleginnen und Kollegen, und offensichtlich mit Blick auf ihn heißt es im Brief weiter: »Unsere Universität ist eine weltoffene Universität. Sie spricht sich gegen Fremdenfeindlichkeit und diskriminierendes sowie extremistisches Gedankengut aus.« Auch stelle sich die Uni »entschlossen gegen Hass und Hetze«.

Ralph Weber war schon mehrmals durch rechtslastige Äußerungen aufgefallen. Etwa, als er, noch Landespolitiker, gegen eine »Überfremdung mittels Zuwanderung« gepoltert und »Biodeutsche« aufgefordert hatte, sich für mehr »deutsche Leitkultur« einzusetzen. Ärger hatte Weber auch entfacht, als er vor Jahren mit Kleidung der Marke Thor Steinar in der Universität erschienen war, einem Label, das gerne von Rechtsextremen getragen wird.

Ärger ging der ehemalige AfD-Abgeordnete selbst im Landtag nicht aus dem Weg. So redete er einmal die seinerzeit amtierende Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider mit »Frau Präsident« statt mit »Frau Präsidentin« an, worauf ihm diese einen Ordnungsruf erteilte. Als Weber das kommentierte, was die Geschäftsordnung des Landtages untersagt, gab es einen weiteren Ordnungsruf, und als der Gemaßregelte auch diesen nicht unwidersprochen ließ, entzog ihm die Präsidentin das Wort und verwies Weber vom Rednerpult auf seinen Platz im Plenum.

Dahin ist er nach der jüngsten Landtagswahl nicht zurückgekehrt, wohl aber an die Universität Greifswald. Seine Rückkehr dorthin quittierten rund 600 Menschen mit einer Demonstration. Sie befürchten Nachteile für Studierende, die nicht Webers rechtslastige Weltanschauung teilen. Schon vor der Demonstration hatte sich das Studierendenparlament der Universität einstimmig kritisch zur Rückkehr des Professors geäußert und ihm vorgehalten, rechtsextremes Gedankengut zu vertreten.

Weber reagierte: Er habe schon früher Politik und Vorlesung strikt getrennt und werde das auch künftig tun. Den Vorwurf, die Ministerpräsidentin als Diktatorin bezeichnet zu haben, kommentierte er: Das sei möglich und »liegt auf der Linie, auf der ich sie einordnen würde«. Den Vorwurf, er habe zum Rechtsbruch gegen die Corona-Regeln aufgerufen, weist der Professor zurück. Er habe nur gesagt, »dann freue ich mich auf diejenigen, die das kontrollieren müssen«; denn das könnten weder Polizei noch Ordnungsamt leisten, erklärte der 61-Jährige gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

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