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Panoramablick gesichert

Serienlieferung für 200 Doppeldecker für Berlin ist angelaufen

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 4 Min.
Der neue Berliner Doppeldecker auf Profilierungsfahrt auf dem Kurfürstendamm
Der neue Berliner Doppeldecker auf Profilierungsfahrt auf dem Kurfürstendamm

BVG-Betriebsvorstand Rolf Erfurt sitzt am Mittwoch persönlich am Steuer des neuen Doppeldeckers bei der Vorführfahrt für die Presse über den Kurfürstendamm. Kein einfaches Unterfangen, denn die Busspur ist wie üblich an vielen Stellen zugeparkt und todesmutige Radfahrer schlängeln sich durch die Lücken, um an unerwarteten Stellen wieder direkt vor dem Bus aufzutauchen.

»Wir sind sehr froh, dass die Serienlieferung für unsere neuen Doppeldeckerbusse losgeht«, sagt Rolf Erfurt vor Fahrtbeginn auf dem Betriebshof Cicerostraße am Wilmersdorfer Hochmeisterplatz. Im Herbst 2020 hatten die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) auf dem Betriebshof Müllerstraße im Wedding die ersten zwei Vorserienbusse des schottischen Herstellers ADL vorgestellt.

130 Änderungen gegenüber diesen zwei Fahrzeugen wurden nach Hinweisen von Beschäftigten und Verbänden umgesetzt - vor allem Kleinigkeiten wie geänderte Positionen von Tastern oder Monitoren. An den grundsätzlichen Dingen hat sich nichts geändert. Die Busse sind 13,80 Meter lang, 4,06 Meter hoch und 2,55 Meter breit und wiegen leer 16,4 Tonnen. Besetzt mit den zulässigen 112 Fahrgästen, davon 80 auf Sitzplätzen, bringt der Busriese 26 Tonnen auf die Waage. Die vielen Sitzplätze und die für Berlin ikonische Rolle, die Doppeldecker spielen, sind auch der Grund, warum erneut nach langem Ringen 200 Exemplare bestellt worden sind. Denn mit rund 600 000 Euro pro Exemplar sind sie etwa um die Hälfte teurer als Gelenkbusse, die eine ähnliche Kapazität bieten. Von den einst rund 400 Stück des Vorgängermodells sind gerade noch 113 Stück zugelassen, wie BVG-Buschef Torsten Mareck berichtet.

Den ersten Einsatz sollen die neuen Busse, von denen neben den zwei Vorserienexemplaren auch die ersten zwei Serienfahrzeuge zur Verfügung stehen, auf der Linie X83 diesen Donnerstag haben. Sie führt von Dahlem über Steglitz bis nach Lichtenrade. Fünf Stück pro Woche sollen aus den schottischen Werken ab nächstem Jahr eintreffen. Hersteller ADL hat nach Protesten auch der BVG von einer Serienfertigung in der Türkei Abstand genommen. Sie sollen in den Betriebshöfen in Wedding, Wilmersdorf und Britz stationiert werden. Im Spandauer Busnetz dürften daher Doppeldecker künftig rar werden. Auf der Paradelinie 100 fahren bereits jetzt keine Busse mit Oberdeck mehr - Schuld ist der über 100 Jahre ehemalige Straßenbahntunnel, der den Boulevard Unter den Linden auf Höhe der Neuen Wache quert. Buschef Mareck schmerzt das: »Da haben wir endlich neue Busse und dann können wir sie dort leider nicht einsetzen.«

»Das sind die letzten Dieselfahrzeuge, die wir bekommen«, sagt Betriebsvorstand Rolf Erfurt. »In der Mitte des Jahrzehnts hoffen wir, auch in die Bestellung von Elektro-Doppeldeckern gehen zu können«, so Erfurt weiter. Derzeit gebe es noch keine Busse diesen Typs, die »wirklich die Anforderungen des Berliner Verkehrs erfüllen«. Weder was Kapazität noch Reichweite der Fahrzeuge betrifft. Das liegt an Volumen und Gewicht der Batterien. »Wir brauchen die großen Doppeldecker, die Dreiachser. Die gibt es noch nicht auf dem Markt«, so der Betriebsvorstand.

Wasserstoff als Antriebsart scheidet für die BVG aus. »Wir haben das sehr intensiv untersucht, auch mit Universitäten und Forschungseinrichtungen, waren wirklich technologieoffen. Wir haben uns aber am Ende sehr klar aus Wirtschaftlichkeitsgründen für Elektro entschieden«, sagt Erfurt.

Bereits am Dienstag hat die BVG bekanntgegeben, 90 weitere zwölf Meter lange Elektro-Stadtbusse bestellt zu haben. Zum Zuge gekommen ist diesmal der niederländische Hersteller Ebusco mit dem Modell 2.2, das wie fast alle Berliner E-Busse im Depot geladen wird. Eine Ausnahme sind die Gelenkwagen der Linie 200, die an den Endhaltestellen nachladen. Ebusco ist erstmals zum Zuge gekommen, der Löwenanteil der bisher 138 zählenden Elektroflotte der BVG kommt vom polnischen Hersteller Solaris, 15 Stück sind von Mercedes-Benz. Erstmals werden dann auch auf den Betriebshöfen Britz und Cicerostraße in Wilmersdorf E-Busse stationiert werden. Die Bauarbeiten für die Ladetechnik sollen im Frühjahr beginnen. Bis Jahresende 2022 sollen die 90 neuen Fahrzeuge in Berlin sein, geplanter Lieferstart ist im Sommer.

Anfang kommenden Jahres will die BVG auch die Planungsaufträge für das geplante Spandauer Elektrobusnetz unter anderem auf der Heerstraße ausschreiben, wie Buschef Torsten Mareck sagt. Die Akkus sollen während der Fahrt aus Oberleitungen geladen werden. Auf den Linien sollen auch 25 Meter lange Doppelgelenkbusse fahren.

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